
In einem Facebook-Post schreibt der Kreisverband der Flensburger Linkspartei heute Abend zu den herben Verlusten bei der Kommunalwahl: „Das Fahrwasser in der sich DIE LINKE befindet ist schwierig. Aber wir werden weiter arbeiten, für eine moderne und progressive Linke (…)“ – Dazu habe ich (als Linke-Mitglied) einen kritischen Kommentar geschrieben, der aber von den Verantwortlichen des Kreisverbandes nach nur wenigen Minuten ohne Erklärung gelöscht – oder besser: zensiert wurde. – Hier mein Kommentar in vollem Wortlaut:
Was der Kreisverband in diesem Post mit „schwierigem Fahrwasser“ zu umschreiben versucht, ist hausgemacht. Denn…
1. Der Kreisverband hat über lange Zeit kein kommunalpolitisches Profil entwickelt und hat stattdessen die Arbeit der bisherigen Ratsfraktion ignoriert (und anfangs auch noch zu torpedieren versucht).
2. Das heutige Wahldebakel liegt auf Linie mit den hohen Verlusten bei der Bundestags- und der Landtagswahl und hat bei den Verlusten ähnlich große Ausmaße. Die dritte krachende Niederlage innerhalb von gut 1½ Jahren sollte genügend Stoff zum Nachdenken und zum Umsteuern geben.
3. Was auch immer eine „moderne“ Linke sein mag, beim Begriff „progressive Linke“ wissen Insider hingegen, dass das genau der glücklose und auch falsche Kurs des jetzigen Kreisvorstandes, aber auch des Landesvorstandes und weiten Teilen des Bundesvorstandes ist. Zunächst nannten sich die dortigen Protagonisten (mit dem Genossen Beutin immer vorne dabei) „Bewegungslinke“, dann „solidarische Linke“ und nun „progressive Linke“. Durch ihr Tun bzw. Nicht-Tun ist Die Linke auf nahezu allen Ebenen abgestürzt und viele Wählerinnen und Wähler haben sich von der Partei abgewandt.
4. Wenn eine Partei in der seit 2022 andauernden Krise auf allen Ebenen bei den linken Kernthemen soziale Sicherheit und Frieden nicht mit eigenen Aktionen aktiv wird, die eigentlichen Ursachen für die Krise nicht benennt und auch keine Aktionsfähigkeit beweist, dann gehen interessierte Menschen und Wahlen verloren. Für viele Menschen hat die Linkspartei nicht mehr den Mumm zu erklären, dass die eigentliche Ursache für die Wirtschaftskrise nicht die Inflation ist, sondern falsche Sanktionen, die vielen Menschen schwer zu schaffen machen. In Bezug auf die Friedenspolitik eiert ein großer Teil der Partei ebenfalls für viele Menschen unglaubwürdig herum.
Und 5. Wenn der Flensburger Kreisvorstand und der Landesparteitag nichts Besseres zu tun haben, als den Ausschluss Sahra Wagenknechts aus der Bundestagsfraktion voranzutreiben, dann wird klar, dass sie einen völlig falschen und konfliktverschärfenden Kurs fahren. Genau das vertreibt interessierte Menschen noch mehr.
Das heutige Wahlergebnis ist für mich als ehem. aktives Mitglied im Kreisverband und bisheriges Mitglied der Ratsfraktion bitter, aber es kam leider nicht überraschend…
____________________
Noch gestern Abend hatte ich eine erste kurze Einordnung zu den Kommunalwahlergebnissen geschrieben:
Kommunalwahl in Flensburg: Linkspartei verliert stark und büßt den Fraktionsstatus in der Ratsversammlung ein
Die generelle schlechte Nachricht vorweg: Die Flensburger Parteien haben es nicht vermocht, die Wahlbeteiligung zu verbessern – mit 35,8% liegt sie etwa genau so niedrig wie 2018…
Der Flensburger Wahlsieger scheint der SSW zu werden: Er legte um 7,2% zu und erreichte 24,8%. Eine herbe Klatsche hat die SPD zu verzeichnen; sie verliert ein Drittel ihrer Stimmen, konnte keinen einzigen Wahlkreis gewinnen und fällt um 4,7% auf ein schwaches Ergebnis von 13,5%. Die Grünen hingegen gewinnen 4,8% hinzu und erreichen mit 23,6% den 2. Platz.
Herbe sind die Verluste für Die Linke. Einer Hochrechnung für ganz Schleswig-Holstein zufolge verliert sie fast die Hälfte ihrer Prozente und fällt von 3,8% auf 2,1%. – Auch in Flensburg verliert die Linkspartei mehr als 40% ihrer Prozente (ähnlich wie bei der Bundestags- und der Landtagswahl 2021 und 2022) und nahezu die Hälfte ihrer Wahlstimmen von 2018: Sie erreicht nur noch 4,1% (2018: 7,5%). Eine Fraktionsbildung ist damit für sie aus eigener Kraft nicht mehr möglich. – Die starken Verluste verwundern nicht, denn der Kreisverband hat sich in den Jahren ab 2019/20 nicht mit kommunalpolitischen Themen profiliert – und durch den im September 2019 ins Amt gekommenen Kreisvorstand sogar die Arbeit der aktiven Ratsfraktion ignoriert. Auch in der seit Anfang 2022 verschärften Krise hat der Flensburger Kreisverband keine eigenen Öffentlichkeitsaktionen für die beiden linken Kernthemen soziale Sicherheit und Frieden organisiert und sich damit für die Öffentlichkeit entschieden zu defensiv verhalten.

Ein Kommentar zu „Die Linke Flensburg: Kritik nicht erwünscht – Kommentar gelöscht!“