Berlin-Wahl: Wenig Grund zur Freude

SPD, Linke und Grüne verlieren Stimmen, haben aber immer noch eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus. Eine Fortsetzung der Koalition dürfte sich zum Dilemma entwickeln…

Auf den ersten Blick könnte die rot-grün-rote Koalition es sich im Berliner Abgeordnetenhaus nach der Berliner Wiederholungswahl recht bequem in den Sesseln der Macht machen – und weil „dat Jlück mit die Dummen“ ist, sogar mit der gleichen Bürgermeisterin Giffey (SPD), die 105 Stimmen mehr für ihre Partei holen konnte als die Grünen (beide holten 18,4%)… Zehn Stimmen Mehrheit hätten die drei Parteien SPD, Grüne und Linke zusammen im Berliner Stadtparlament und könnten somit (oberflächlich betrachtet!) „einfach weitermachen“.

Wie „einfach“ das wird, wird sich allerdings zeigen müssen, denn alle drei Parteien haben gegenüber der als ungültig erklärten Wahl von 2021 Stimmen und Prozente verloren (SPD -3,0, Linke -1,9, Grüne -0,5). Außer im eher woken Innenstadtbereich, wo grün-links auch weiter stark bleibt, war Rot-Grün-Rot eher wenig beliebt und trägt nun den Makel einer Verlierer-Koalition, zumal Bürgermeisterin Giffey mit ihrer ziemlich gerupften SPD als größte Wahlverliererin nur schwer glaubwürdig die Führung für die Stadt beanspruchen kann.

Für ihre grünen und linken Koalitionspartner könnte die Neuauflage der rot-grün-roten Koalition sogar bedeuten, mehrere „Kröten schlucken“ zu müssen, wenn Giffey als Bürgermeisterin bei Themen wie Innerer Sicherheit, Wohnen oder Verkehr die Zügel nach rechts anziehen sollte, denn ihre Partei hat genau in diesen Bereichen viele Stimmen an die CDU verloren. Da rückt womöglich ein Dilemma näher…

Die Linkspartei hatte sich am Wahlabend sichtbar über ihr Wahlergebnis gefreut – fast als würde sie zu den Wahlsiegern gehören (Dietmar Bartsch: „Die Linke ist wieder da!“). Doch das ist mitnichten der Fall: Gegenüber den Wahlen von 2016 und 2021, als sie jeweils 255.000 Stimmen einfahren konnte (bei unterschiedlich hoher Wahlbeteiligung), holte sie diesmal nur noch knapp 185.000 Stimmen. Bei ähnlicher Wahlbeteiligung wie bei der letzten gültigen Abgeordnetenhauswahl von 2016 (66,9 bzw. 63,0%) ist das ein Verlust von mehr als 25 Prozent der absoluten Stimmenzahl, in Prozenten ein Minus von 3,4%.

Mit ihrem aktuellen Ergebnis von 12,2% liegt die „Berliner Linke“, wie sich diesmal etwas vom eigentlichen Parteinamen Die Linke abzusetzen versuchte, nun nicht mehr weit weg von den letzten Ergebnissen der beiden Stadtstaaten Hamburg und Bremen (9-11%). Der bisherige linke „Super-Hotspot“ in der Bundeshauptstadt ist (besonders in den Ost-Stadtbezirken) merklich abgeschmolzen. Mit „nur“ 25% Verlust in der Großstadt ist die Linkspartei bei rund 50% Verlusten bei den letzten Wahlen im Bund und in den Flächenländern nur scheinbar mit einem blauen Auge davongekommen… Die Abwanderung der früheren Wählerschaft geht also auch in Berlin weiter.

Bliebe zum Schluss nur noch die Erwähnung des „worst case“ dieser Wahl – nämlich wenn sich Grüne oder SPD vom Wahlsieger CDU zu einer Zweier-Koalition breitklopfen ließen… Dann wäre es schnell vorbei mit „progressiver Politik“ und natürlich auch mit einer Regierungsbeteiligung nebst diversen Posten der Linken. – Um genau das zu vermeiden, werden zu Trainingszwecken sicherlich alsbald schon mal ein paar „Kröten“ als Ansichtsexemplare bereitgestellt werden…

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