Linkspartei: Selbst verursachtes Chaos führt zur Implosion!

Nach der Niedersachsen-Wahl: Die Linke kommt ohne einen deutlichen inhaltlichen (und auch personellen) Kurswechsel nicht wieder auf die Beine. Zu viele Fehler sind gemacht worden, zu viele mögliche Wählerinnen und Wähler haben sich von der Partei abgewandt.

Gestern hat Die Linke bei der Landtagswahl in Niedersachsen wieder rund 40 Prozent ihrer Wahlstimmen verloren (von 4,6% auf nun 2,7%) – eigentlich nichts Neues, denn der massive Abwärtstrend mit einer Halbierung der Wahlergebnisse dauert nun schon fast zwei Jahre an. Der Absturz bei der Bundestagswahl zog allein 2022 desaströse Ergebnisse im Saarland, in Schleswig-Holstein, in Nordrhein-Westfalen und nun in Niedersachsen mit sich.

Als gestern die Linke-Bundesvorsitzende Janine Wissler bereits eine Viertelstunde nach Bekanntgabe der Prognose für das niedersächsische Wahlergebnis in Berlin vor die Presse trat, bedankte sie sich bei den Aktiven und den Kandidat*innen in Niedersachsen und ging danach direkt dazu über, mitzuteilen, dass man sich nun auf die kommenden Landtagswahlen im Jahr 2023 konzentrieren werde – und verschwand, ohne Fragen zuzulassen, so schnell, wie sie erschienen war…

Von Selbstkritik, einem falschen Kurs, den man sich auf dem Parteitag (teils mit knappen Ergebnissen) hat abnicken lassen, oder falschem Personal, das den falschen Kurs der Linken immer wieder in innerparteilichen Durchhalteparolen fortsetzt, oder gar einer Entschuldigung für das aggressive Vorgehen einiger Parteimitglieder gegen die Führung der Bundestagsfraktion sowie einige Mitglieder der Fraktion war von der Vorsitzenden Wissler nicht eine Silbe zu vernehmen. – Ich hatte den Eindruck, es bei diesem Statement mit einem Sprechapparat zu tun zu haben, der nur das redet, was er reden soll. Mit verantwortlicher Führung hatte das nichts zu tun!

Die „bewegungslinke“ Alleinvertretungsanspruch geht weiter

Und immer wenn „die Bude brennt“, ist auch Lorenz Gösta Beutin aus Kiel, derzeit stellvertretender Bundesvorsitzender, mit einem aufgeschriebenen Statement zur Stelle… Schon nach der Bundestagswahl ließ er keinen Zweifel daran, dass Sahra Wagenknecht und alle, die wie sie denken, Schuld am Wahldesaster waren – und nach der schleswig-holsteinischen Landtagswahl klang es wenig anders. Da allerdings eröffneten er und seine Verbündeten auch noch das Feuer auf die Bundestagsfraktion, die nicht so will, wie er und seine „Bewegungslinken“.

Seine schriftlichen Statements haben immer zum Ziel, das Fundament der eigentlich gescheiterten „bewegungslinken“ Strömung der Partei, die sich über Jahre viele Schlüsselpositionen innerparteilicher Macht gesichert hat, zu zementieren und die Verantwortung für den Weg in die Bedeutungslosigkeit anderswo abzuladen.

Diesmal skizziert Beutin die Richtung der Partei unter anderem so: „Emanzipatorische Mitgliederpartei auf der Höhe der Zeit oder eher traditionalistisch autoritäre Partei, die Themen auch mal populistisch verzerrt…“ – Wenn‘s nicht ein so verfloskelter, grundfalscher und von Propaganda und Ausgrenzung strotzender Versuch der Selbstrettung wäre, könnte manch eine/r in Versuchung kommen, aus Naivität irgendwie verhalten dazu zu nicken…

Falscher Kurs und persönliche Attacken führen zur Lähmung

Aber Beutin kann nichts Anderes als zu polarisieren, andere Genoss*innen zu verunglimpfen und einen Versuch nach dem anderen zu unternehmen, die „bewegungslinke“ Machtbasis beieinanderzuhalten und mit neuen Floskeln für den innerparteilichen Kampf zu versorgen. Seit er und einige andere das tun, schmiert die Linkspartei übrigens bei vielen Wahlen immer wieder gnadenlos ab. Die Konsequenz für Beutin & Co. ist daraus allerdings, das innerparteiliche Feuer zu verstärken und so weite Teile der Partei immer mehr von der Bevölkerung und etwaigen Sympahisant*innen zu entfremden!

Wo Beutin, Riexinger, Kipping, Lay, Renner, Möhring und so einige andere sich im Bund sowie auf Landes- und Kreisebene in dieser Weise rühren, wird der Wind eisig – und Ausschlussforderungen, Mobbing und Verunglimpfungen ganzer Teile der Partei sind nicht weit. Doch die Parteigremien schieben diesen Machenschaften nicht etwa einen Riegel vor, sondern tolerieren sie, oder sie sind Teil des „bewegungslinken“ Machtgefüges“, unterstützen es verhohlen – oder die dortigen Parteimitglieder haben entnervt aufgegeben und halten frustriert die Klappe.

Die Linkspartei bewegt sich durch diese die Partei schädigenden Vorgänge innerparteilich immer weiter in den Zustand der Lähmung. Nach außen gelingt es ihr deshalb auch immer weniger, Gehör in der Bevölkerung zu finden. Wo es noch Aktionen oder gar Beteiligungen an den aktuellen Protesten und Demonstrationen gibt, schlagen sie nicht mehr ausreichend auf dem politischen Konto der Linken zu Buche. Das dürfte die Stimmung eher noch weiter sinken lassen…

Linkes Dilemma: An der Lebenswirklichkeit vieler Menschen vorbei

Doch nicht nur die innerparteilichen Irrwege der der derzeitigen „bewegungslinken“ Mehrheit bringen die Partei an den Abgrund ihrer Existenz. Vielmehr gerät sie immer wieder und immer tiefer in selbstgeschaffene Dilemmata. Schon in der Corona-Krise gingen viele Linke an der Lebenswirklichkeit vieler Menschen vorbei, als sie Total-Lockdowns oder etwas später sogar eine generelle und eine einrichtungsbezogene Impfpflicht verfochten. Schlimmer noch: Wer sich dagegen aussprach, wurde von ihnen „der Einfachheit halber“ gleich in die Gruppe der Querdenker und Aluhüte hineindiffamiert.

Bei der jetzigen Kriegs- und Energiekrise, deren Folgen durch falsche Regierungsbeschlüsse mit explodierenden Energiekosten besonders stark auf große Teile der bundesdeutschen Bevölkerung und kleine und mittlere Unternehmen durchschlagen, hat sich die Linkspartei in ein weiteres Dilemma begeben. Ich habe dies jüngst in einem Kommentar auf der Facebookseite eines Linke-Politikers so beschrieben:

Gewiss doch müssen wir Linke gegen die unzumutbar hohen Preisbelastungen in nahezu allen Lebensbereichen protestieren – und natürlich müssen wir Linke eine soziale Rückverteilung (Vermögens-/Erbschaftssteuer etc.) von zig Milliarden, um die die Reichsten die Gesellschaft schon lange prellen, einfordern. Alles gut soweit! ABER: Wenn wir Linke uns nicht endlich aus der Deckung begeben und nicht gegen die eigentlichen Ursachen vorgehen (übereilter Ausstieg aus russischem Gas bei gleichzeitiger Preisexplosion wegen Nachfrage bei anderen Importeuren, inkl. Profitsteigerungen bei Energiekonzernen, Einkauf von Gas und Kohle zu Wucherpreisen – und damit auch große Teile der Sanktionen), dann beschränkt sich Die Linke auf Symptombekämpfung, aber nicht auf die notwendige Beseitigung der Ursachen, in die uns Bundesregierung und EU vorsätzlich hineinmanövriert haben! Viele Menschen haben den Zusammenhang von Ursache und Wirkung schon lange durchschaut – und erwarten von uns, dass wir Klartext reden, anstatt uns zu zerfetzen, wenn einige Genoss*innen genau das tun!!!

Auch hier wollen zu viele Parteimitglieder der Logik von Ursache und Wirkung nicht folgen und glauben, sie könnten sich mit wortgewaltigen Forderungen zur Bekämpfung der Krisensymptome über Wasser halten und gleichzeitig in Bezug auf den Umgang mit Russlands Führung auf Linie mit der Ampel-Bundesregierung bleiben. Doch genau dieser Drahtseilakt kann für die Partei nicht gutgehen – und er geht nicht gut, wie die Wahlen dieses Jahres und die öffentliche Meinung über die Linkspartei deutlich zeigen. Denn viele Wähler*innen sind neben den schon länger dauernden Enttäuschungen über die Partei klug genug, um das Dilemma der Linken zu erkennen und weiter auf Distanz zu gehen.

Der aggressive „bewegungslinke“ Kurs muss gestoppt werden!

Das Fazit ist nicht neu: Wenn sich die Verantwortlichen (egal auf welcher Ebene) der Linkspartei nicht rasch für einen Kurswechsel entschließen, dürfte der Weg in die politische Bedeutungslosigkeit weitergehen. Der krampfhafte Versuch, sich an vermeintliche „Bewegungen“ und Initiativen (mit überschaubarem Personal) anzuhängen hat sich bereits als weitgehend erfolglos herausgestellt. Auch dort wird Die Linke nicht gewählt – ebenso wenig wie bei Niedrigentlohnten, Arbeitslosen, Arbeitern, Angestellten oder Gewerkschaftsmitgliedern.

Das „bewegungslinke“ Konstrukt, das unter dem Vorsitz von Riexinger/Kipping, Wissler/Hennig-Wellsow und nun auch von Wissler/Schirdewan nicht aufgegangen ist, hat erheblichen Schaden innerhalb und außerhalb der Partei mit sich gebracht. Beutin kann so viel von einer „emanzipatorischen Mitgliederpartei auf Höhe der Zeit“ philosophieren, wie er möchte. So lange er und andere Verantwortliche meinen, ein Aufgreifen der realen Situation in weiten Teilen der Bevölkerung sei „traditionalistisch autoritär“ oder gar populistisch, wird der Linkspartei nicht zu helfen sein!

Im Jacobin- Magazin schreibt Alexander Brentler zur Situation der Linkspartei nach der Niedersachsen-Wahl : „Die Linke hat gerade keine systemischen Antworten parat – aufgrund ihrer organisatorischen Schwäche, aber auch ihrer intellektuellen Orientierungslosigkeit. Die Menschen, die wir nicht überzeugen konnten, schulden uns nichts, und es ist zwecklos und kontraproduktiv, sich moralisch über sie zu erheben. Hier schließt sich der Kreis zwischen Liberalen und Radikalen: Es ist nicht unsere Schuld, dass wir keine Mehrheiten überzeugen konnten, die Deutschen haben nun mal einen Hang zum Rassismus, da kann man nichts machen – so die Logik.

Und ach ja: Die gestrige Landtagswahl wurde noch im Frühsommer von linken Führungskreisen als Wegmarke der „Erneuerung“ und des „Aufbruchs“ nach dem Juni-Parteitag bezeichnet. Das ist gründlich schiefgegangen. Warum sollten wir uns nun laut Janine Wissler auf die Landtagswahlen im nächsten Jahr „konzentrieren“…??? Ist denn nicht eigentlich schon lange klar, dass der Kurs der Partei einer dringenden Korrektur und womöglich auch des personellen Wechsels in vielen Führungsgremien auf allen Ebenen bedarf?!

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Dazu auch einige meiner früheren Artikel:

Spaltung der Linke-Bundestagsfraktion bereits im Gespräch! (17.09.2022)

Sanktionsfolgen: „Was wird eigentlich aus uns…?!“ (22.07.2022)

Linke: Auch bei Sanktionen in der falschen Spur (07.07.2022)

Die Linke: Jahrelang neben der Spur (20.05.2022)

Linke-Absturz – größtenteils hausgemacht (27.09.2021)

Die „Bewegungs-Krux“ einiger Linker (29.05.2021)

Ich verweise auch auf weitere Artikel, die in diesem Blog in der Rubrik „LINK(e)S“ nachzulesen sind: https://herman-u-soldan.net/linkes/

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