
Die derzeitige Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange (SPD) ist in das Rennen um eine Wiederwahl gegangen, ohne einen Amtsbonus zu haben. Schlimmer noch: Aufgrund eigener Fehler in zentralen Politikfeldern und dem Herummogeln um die seit Monaten rapide wachsenden sozialen Probleme der Stadt verlor sie bei der heutigen OB-Wahl sogar mehr als ein Viertel ihrer Stimmen von 2016 (2016: 51%, 2022: 36%). Sie muss nun in die Stichwahl gegen den konservativen Kandidaten Fabian Geyer, der 43,5% erreichte.
Auch für Langes Unterstützerparteien SPD und Grüne ist das Ergebnis schon jetzt eine herbe Klatsche, denn beide Parteien haben sich in den sozialen Politikfeldern nicht ausreichend positioniert, sondern haben sich als wortreiche Gegner*innen von Anträgen der Flensburger Linksfraktion zum Verbot von Stromsperren, niedrigen Fahrpreisen bei den Stadtbussen und einem 50-prozentigen Energiepreisdeckel bei Strom und Fernwärme auf sehr dünnes politisches Eis begeben.
In den eher „linken“ Innenstadt-Wahlbezirken, in denen Simone Lange heute Mehrheiten holen konnte, haben oft nur ein Viertel aller Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben – in den Vorstadt-Wahlbezirken, wo F. Geyer punkten konnte, hingegen mehr als die Hälfte. Simone Lange erleidet das Schicksal ihrer SPD, aber auch anderer Parteien (z.B. der Linkspartei): Viele potenzielle Wähler*innen gehen nicht mehr zur Wahl, weil sie sich wegen falscher Prioritätensetzungen nicht mehr politisch vertreten fühlen und sich enttäuscht von der Politik abwenden. Aus dem Mitte-Links-Lager gab es auch nicht genug Wähler*innen, die Simone Lange „mit der Faust in der Tasche“, also unter großer Überwindung wählen wollten.
Ob Simone Lange die Stichwahl am 2. Oktober gewinnen kann, steht daher in den Sternen… Die etwas höhere Wahlbeteiligung von 37% (2016: 31%) konnte sie im 1. Wahlgang nicht auf ihrem Konto verbuchen – oder anders ausgedrückt: Sie konnte Wähler*innen nicht ausreichend für sich motivieren. Als kleine Hoffnung bleibt Simone Lange aber noch, in der Stichwahl ausreichend Stimmen aus dem SSW-Lager abzuziehen, dessen Kandidatin Karin Haug für den SSW mit 16% eher durchschnittlich abschnitt und nur den 3. Platz erreichte.
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Hinweis auf meinen Artikel vom 26.03.2022: „Für Simone Lange ist die Wiederwahl kein Selbstläufer“