
Schon zweimal war der Neujahrsempfang der Stadt Flensburg, der traditionell im deutschen Haus stattfindet, abgesagt worden. In diesem Jahr wurde daher ein Sommerempfang im Flensburger Stadion organisiert. Neben vielen Initiativen und gemeinnützigen Vereinen gab es auch wieder die Info-Stände der Ratsfraktionen, bei denen auch die Ratsfraktion DIE LINKE vertreten war.
Der Sommerempfang machte seinem Namen alle Ehre, denn bei fast 30 Grad und strahlender Sonne wurde die Veranstaltung eher zu einem Familien-Volksfest, bei dem die allermeisten schnell ins Schwitzen kamen; auch im Pavillon der Fraktionen war es nur unwesentlich kühler. Im Vergleich zum Deutschen Haus waren die Gäste mehr in Bewegung und nutzten die vielen Freizeitangebote auf dem Gelände, so dass die Politik nicht so stark im Mittelpunkt stand wie bei den traditionellen Empfängen.
Dennoch gab es bei der Linksfraktion in einigen Gesprächen Interesse an Planungsvorhaben, wie dem Hafen-Ost oder einem recht teuren Therapieschwimmbecken, aber auch an Themen, mit denen die Linksfraktion immer wieder in der Tagespresse auftaucht. „Respekt für eure klare Ansage zu Schwangerschaftsabbrüchen! Ihr lasst euch wenigstens nicht davon abbringen“, sagte eine Frau und nahm einen unserer Bilanz-Flyer mit nach Hause. Und eine junge Mutter freute sich, dass wir alternative Geburtsformen unterstützen.
„Was ist denn bloß mit euch Linken los?!“, fragte eine andere Besucherin und hatte selbst schon die Antwort parat: „Viele von euch haben die ganz einfachen Menschen mit ihren Problemen nicht mehr im Blick!“ – Doch bevor wir antworten konnten, sagte sie: „Aber ihr versucht‘s wenigstens, mit Sozialticket, Stromsperren verbieten und Sozialwohnungen. Genau darum geht‘s hier.“ Und sie fügte hinzu: „Aber sorry, gewählt habe ich Die Linke schon letztes Jahr nicht mehr. Hab gar nicht mehr gewählt, da passt vieles nicht mehr zusammen.“ – So bekommen wir von der Linksfraktion auch die ganz allgemeine Krise der Partei in wenigen Sätzen dargelegt… Ein paar Flyer nahm sie trotzdem mit. „Einer ist für meinen Schwager“, sagte sie noch im Weggehen.
Auch ein älterer Herr steuerte auf unseren Info-Tisch zu. Ohne „Moin“ oder „Hallo“ sagte er langsam: „Ich wähle euch ja nicht mehr.“ Auf die Frage nach dem Warum kam die Antwort: „Wegen Corona. Die Linken haben zu viel von der Regierung einfach abgenickt und sich um uns gar nicht gekümmert.“ Unseren Hinweis auf die Kritik der Flensburger Linksfraktion an der 2G-Regelung (Zugang nur für Geimpfte und Genesene) musste er verneinen; das hatte er im letzten Frühjahr schon nicht mehr wahrgenommen. Auch er ist ins Nichtwähler-Lager abgewandert. Vielleicht ist er ja „zurückzuholen“, sonst wäre er vielleicht gar nicht zu uns gekommen…
Auch wenn es im Stadion weniger Gespräche gab als in den Gängen des Deutschen Hauses, war die Linksfraktion ganz zufrieden, diese neue Form des Stadt-Events ausprobiert zu haben, auch wenn die Hitze nach 4-5 Stunden einige Spuren hinterlassen hatte. Sie ist sich allerdings noch nicht ganz schlüssig, was ihr besser gefällt. Mehr „Platz“ für die Politik gab es bisher allerdings eher im Deutschen Haus…