Reaktion auf Presseberichte: Herman U. Soldan-Parima, sozialpolitischer Sprecher der Flensburger Linksfraktion, nimmt in einem Leserbrief Stellung zur Situation der überlasteten Tafeln und von Kundinnen und Kunden, die wegen sehr langer Wartezeiten nicht mehr zur Lebensmittelausgabe gehen können.

So viel zu den Tafeln schon mal vorweg: Es ist weder die „Schuld“ der Tafel-Vereine, noch ihrer emsigen und engagierten – und ehrenamtlich (!) tätigen Beschäftigten, noch der vielen auf Lebensmittelspenden Angewiesenen, noch der schon früher und aktuell neu hinzugekommenen Flüchtlinge, dass die Tafeln schon länger nicht mehr alle Menschen, die es benötigen, ausreichend versorgen können.
Schon immer sollten die Tafeln nur ein „Zusatzangebot“ sein – aber die Produkte sind für Rentner*innen, Aufstocker*innen und Transferleistungsempfänger*innen unentbehrlich geworden, um überhaupt noch über die Runden zu kommen. Den Tafeln und den spendenden Supermärkten sei für ihren Einsatz sehr herzlich gedankt!
Doch Dank reicht hier (wie bei Pflegekräften, Kita-Beschäftigten, Busfahrpersonal u.v.a.m.) überhaupt nicht aus. Denn nun zeigt sich, dass Tafeln für einen solchen „Massenansturm“ gar nicht gerüstet sein können. In einer Zeit explodierender Preise und zunehmender Armut darf sich die Politik in Bund, Ländern und Kommunen nicht auf den Tafel-Diensten ausruhen und hier und da ein paar Zuschüsse für die Tafel-Vereine bereitstellen.
Es ist nicht hinzunehmen, dass Ältere, denen das lange Warten vor den Tafeln von über einer Stunde (oft sogar das Doppelte!) auf der Straße schwerfällt, zu den Tafeln gar nicht mehr hingehen und damit lebenswichtige Hilfe nicht mehr erhalten können! – Es ist auch nicht hinzunehmen, dass die Kommunen und die Jobcenter hunderte neue Flüchtlinge auf die Tafeln verweisen und sowohl die bisherigen Kund*innen als auch die Tafel-Beschäftigten einem hohen Stressniveau aussetzen!
Wenn das Sozial-, Lohn- und Rentensystem so marode ist, wie es sich schon viele Jahre darstellt, dann dürfen Tafeln nicht das Ende der Armutsspirale sein, auf der sich auch „der Staat“ ausruhen kann! – Vielmehr brauchen wir höhere Lohne, Renten und Sozialleistungen, die die vielen Menschen nicht in länger in die Armut treiben – und genau dafür sollten sich auch Kommunalpolitiker*innen in ihren Bundesparteizentralen einsetzen, statt hier vor Ort hilflos mit den Schultern zu zucken.
Wie sollten erste Schritte nun aussehen? 1. Die Stadt kauft Lebensmittel, die sie den Tafeln oder anderen Ausgabestellen zur Verfügung stellt. – 2. Wenn die Ausgabestellen dennoch ihre „alte“ Kundschaft nicht mehr bedienen können, müssen neu hinzu gekommene Flüchtlinge Einkaufsgutscheine erhalten, um die Tafeln nicht zu überlasten. – Und 3. sollte die Stadt in eigener Regie weitere Ausgabestellen einrichten und betreiben, um die Versorgungsnot bei den Ärmsten in den Griff zu bekommen.