Im Flensburger Sozialausschuss wurde gar nichts beschlossen, aber die politische Front gegen den Antrag der Linksfraktion zu einem Verbot von Stromsperren war eindeutig – und die betroffenen Menschen bleiben abermals auf der Strecke!

Verloren haben nach der Ausschusssitzung vom 21.02. im Grunde alle: Die Linksfraktion bekam ihren Antrag nicht durch, die SPD, die erst wenige Tage vor Wiederaufnahme der schon im November begonnenen Debatte mit einem unausgegorenen Ablenkungsantrag „Härtefallfonds“ einführen will, die Grünen, die Konzepte gegen Stromsperrenverbote fordern, die es im Grunde durch die Gesetzgebung schon gibt, aber die Stromsperren nicht verhindern, und die eher schweigsamen Fraktionen sowieso – doch die eigentlichen Verlierer sind hunderte von Betroffenen, denen die Stadtwerke pro Jahr den Strom sperren!
Der Antrag der Linksfraktion war eindeutig: Nach einer Zustimmung des Rates sollten Verwaltung und Oberbürgermeisterin darauf hinwirken, dass bei den Stadtwerken Stromsperren „unverzüglich, ausnahmslos und dauerhaft“ gestoppt werden. In der Begründung weist die Fraktion auf steigende Energiepreise, stagnierende Einkommen und einen ohnehin hohen Armutsanteil in der Stadt hin, aber auch auf konkrete Folgen einer Stromsperre und die unwürdige Bestrafung von Menschen, die in der „Energiefalle“ sitzen und ihre Rechnungen trotz mehrfacher Mahnung nicht mehr bezahlen können.
Doch die anderen Fraktionen – besonders SPD und Grüne – zeigten kein Einsehen und wollten ihre unkonkreten und unzureichenden Anträge durchdrücken und damit die soziale Initiative der Linksfraktion abwürgen. Selbst ein Initiativantrag des SSW, erst einmal ein Moratorium für Stromsperren von 6 Monaten zu beschließen, dem die Linksfraktion hätte zustimmen können, wurde von ihnen nicht aufgenommen. Nach zwei Stunden versuchte der Ausschussvorsitzende Edgar Möller (SSW) etwas verzweifelt, an die Fraktionen zu appellieren, ihre Anträge bis zur nächsten Sitzung Ende März zu einer mehrheitlichen Lösung zusammenzuführen. Sein Antrag fand eine Mehrheit, die Linksfraktion stimmte dem allerdings nicht zu.
„Das Agieren und Taktieren von SPD und Grünen war ein politisches Schurkenstück, mit dem sie unseren Antrag wegschießen wollten“, erklärt Herman U. Soldan-Parima, der für die Linksfraktion als ihr sozialpolitischer Sprecher im Ausschuss für den Antrag gekämpft hatte. „Selber hatten sie mit ihren löchrigen Anträgen nicht viel Konkretes zu bieten, aber sogar damit konnten sie eine klare Entscheidung blockieren, das ist ungeheuerlich! Hunderte von Stromsperren Betroffener bleiben durch so ein strategisch geplantes Gehacke auf der Strecke.“
Und er fügt hinzu: „Wir haben seit November wertvolle Zeit verloren – und jetzt scheint das Ganze in einem nebulösen Nirwana zu versinken. So wie SPD und Grüne vorgehen, lässt sich eher kein erträglicher Kompromiss finden, der einem konsequenten Verbot von Stromsperren, wie wir es fordern, auch nur ansatzweise nahe kommt! Dass sich in Flensburg ausgerechnet diese Parteien, die das Wort ‚sozial‘ gerne im Munde führen, so dagegen sperren – übrigens auch gegen die klaren Ansagen ihrer Landtagspolitiker*innen, ist erbärmlich und grotesk!“ (s. unten stehende Links)
Die Linksfraktion wird demnächst über ihr weiteres Vorgehen beraten und auch darüber, ob und wie sie sich weiter an der nun vorsätzlich herbeigeführten Situation beteiligen wird – oder ob sie an ihrem Ursprungsantrag festhalten wird. Dass eine erneute Behandlung des Themas im März dann in die heiße Phase des Landtagswahlkampfs fällt, dürfte einer angemessenen Lösung nicht zuträglich sein, denn die anderen Parteien werden alles daran setzen, die Linksfraktion mit einem generellen Stromsperrenverbot nicht zum Zuge kommen zu lassen!
UPDATE:
In einem Online-Artikel des Flensburger Tageblatts vom 22.02. erklärt der SPD-Fraktionsvorsitzende Klebe die Ablehnung seiner Partei zu einem Stromsperrenverbot so: „Es geht nicht nur um Fälle, wo es um soziale Härte geht, sondern es gibt auch Leute, die betrügerisch damit umgehen und deshalb muss es eine Handhabe geben, den Strom abzustellen.“ – Zu einem so schrägen Beitrag der „Sozial(!)demokratie“ fällt einem wirklich nicht viel Druckfähiges ein…!!! Bleibt nur zu hoffen, dass SPD-Landesparteichefin Midyatli ihren jungen Kollegen mal an die kurze Leine nimmt…
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Hier den Antrag der Linksfraktion zum Verbot von Stromsperren lesen
Weitere Artikel zum Thema auf der Webseite der Flensburger Linksfraktion:
• „Peinlich, dass die SPD beim Verbot von Stromsperren zögert!“ (29.01.2022)
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