Im Sozial- und Gesundheitsausschuss thematisierte ich für die Flensburger Linksfraktion ihre Kritik an der eingeschränkten Arbeit der Gesundheitsbehörde – ein Zustand der nicht den jetzigen Beschäftigten, sondern früheren Einsparungen geschuldet ist

Das „Gesundheitshaus“ in der Norderstraße ist die öffentliche Gesundheitsbehörde der Stadt, anderswo oft „Gesundheitsamt“ genannt. Hier werden viele notwendige Angebote zusammengefasst, darunter der Infektionsschutz z.B. Hygienebelehrungen und Maßnahmen bei ansteckenden Krankheiten), ein sozialpsychiatrischer Dienst oder schulärztliche Aufgaben. Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ist das Gesundheitshaus die städtische Zentralstelle zur Eindämmung von Infektionsfolgen, z.B. durch Kontaktnachverfolgungen oder Quarantäneanordnungen und -begleitungen.
Doch gerade bei diesen Corona-Aufgaben hakt es derzeit im Gesundheitshaus gewaltig, denn sie können wegen hoher Infektionszahlen nicht mehr flächendeckend geleistet werden. Dies war bereits Thema in der Presse – und auch im Sozial- und Gesundheitsausschuss (SuG) der Stadt am 24.01.2022. Hier hat der sozial- und gesundheitspolitische Sprecher der Flensburger Linksfraktion, Herman U. Soldan-Parima, einige Kritikpunkte in die Diskussion des Ausschusses eingebracht.
„Wir wissen, dass im Gesundheitshaus seit längerem bis zum Anschlag gearbeitet wird. Die Linksfraktion erkennt den hohen Einsatz der dortigen Beschäftigten an und unterstützt die dortige Arbeit, wie es von den Fraktionen im Ausschuss auch immer einhellig zur Kenntnis gebracht wurde“, erklärt Herman U. Soldan-Parima und fügt hinzu: „Aber jetzt sehen wir einen kritischen Zustand der Behörde, den nicht die derzeit dort Beschäftigten zu verantworten haben, sondern der auf Sparmaßnahmen in der Gesundheitspolitik schon vor längerer Zeit zurückzuführen ist.“
Das Gesundheitshaus kann Einzelpersonen bei einer Corona-Infektion nicht mehr ausreichend unterstützen
In einem Artikel des Flensburger Tageblattes vom 25.01.2022 teilten sowohl die Gesundheitsverwaltung als auch die derzeitige Leitung des Gesundheitshauses mit, dass die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Geschehens nicht mehr flächendeckend ausgeführt werden können und dass insbesondere Einzelpersonen, die nicht zu Risiko- oder Schwerpunktgruppen (Eingliederungshilfe, Pflege, Kitas, Schulen) gehören, sich in „Eigenverantwortung“ selbst um die Kontaktnachverfolgungen und die Einrichtung einer Quarantäne kümmern müssen.
Herman U. Soldan-Parima hatte in der SuG-Sitzung angemerkt, dass die Verwendung des neoliberalen Begriffs „Eigenverantwortung“ die eigentliche Situation im Gesundheitshaus eher verklärt: „Sind denn wirklich alle Einzelpersonen zu diesem eigenverantwortlichen Handeln, das eigentlich die Aufgabe der Behörde ist, bereit und fähig? Ich sehe hier eher die Gefahr, dass das Gesundheitshaus aus Gründen der Überlastung die Kontrolle über das Infektionsgeschehen verliert, weil es schon seit längerem für solche Notfallsituationen nicht ausreichend finanziert wird. In sehr naher Zukunft muss die Stadtverwaltung ein Konzept für das Gesundheitshaus vorlegen, dass den Anforderungen Rechnung trägt und die Behörde besser mit Geld und Personal ausstattet.“
„Wir brauchen jetzt nicht ‚Prozesse‘, sondern mehr Geld!“
Der derzeitige Leiter des Gesundheitshauses Thomas Russ verwies auf eine aktuelle Aufstockung des Personals mit sechs neuen Stellen, gab Herman U. Soldan-Parima aber Recht in seiner Kritik an der mangelnden Ausstattung und sprach von „Entwicklungsdefiziten“ bei der Behörde, die durch die Pandemie offengelegt worden seien. Ein „Optimierungsprozess“ werde schon jetzt in der Verwaltung thematisiert.
„Bei dem Wort ‚Optimierungsprozess‘ bekomme ich eigentlich Gänsehaut“, bemerkte Herman U. Soldan-Parima nach der Ausschusssitzung. „Bisher waren solche ‚Optimierungen‘ ja oft eher mit Einsparungen und höherer Arbeitsbelastung verbunden. Aber genau das braucht das Gesundheitshaus am allerwenigsten. Was da optimiert werden muss, ist – ich sage es nochmal – schlicht und einfach mehr Geld und mehr festangestelltes Personal!“
Die neuen Einschränkungen bei PCR-Tests führen zu mehr versteckten Infektionen
Bis vor wenigen Wochen waren positive PCR-Tests, deren Ergebnisse dem Gesundheitshaus gemeldet wurden, Anlass zu einer Information der Behörde an die infizierte Person. Angesichts der neuen Bund-Länder-Beschlüsse, die PCR-Tests nur noch für ausgewählte Personen- und Berufsgruppen vorsehen, merkte Herman U. Soldan-Parima im SuG ebenfalls an, dass durch diese falsche „Priorisierung“ der Tests nun viele Infektionen gar nicht mehr festgestellt und dementsprechend auch nicht mehr dem Gesundheitshaus mitgeteilt werden können.
Er erklärt dazu: „Mal ganz davon abgesehen, dass in Wien so viele PCR-Tests zur Verfügung gestellt und ausgewertet werden wie in der gesamten Bundesrepublik, ist es doch haarsträubend, dass notwendige Tests einer Bevölkerungsmehrheit nun nicht mehr zur Verfügung stehen – und so die Infektionslage noch unkontrollierbarer verläuft. Diese Tests sind doch im Grunde die einzige Möglichkeit, um Infektionen sicher festzustellen, wenn das Virus vermehrt auch durch Geimpfte und Genesene weiterverbreitet werden kann! Und sie sollten auch die beste Möglichkeit sein, um am öffentlichen Leben teilnehmen zu können. Schnelltests reichen dafür nicht hinreichend aus.“