Politische „Luftpiraterie“ – wenn‘s gerade passt…

Staatliche Eingriffe in den internationalen Luftverkehr sind weitestgehend als „Piraterie“ einzuordnen. Jüngstes Beispiel ist die erzwungene Landung einer Passagiermaschine von Griechenland nach Litauen, die wegen eines Bombenalarms (so die offizielle Begründung) in der weißrussischen Hauptstadt Minsk den Flug nach Vilnius unterbrechen musste. Eine Bombe gab es an Bord des Flugzeugs nicht…

Fündig wurden die weißrussischen Behörden dennoch – und verhafteten flugs einen politischen Gegner des autoritären und in Teilen der Bevölkerung verhassten Präsidenten Lukaschenko. Der Urlauber hatte als Blogger von Litauen aus mehrfach Kritik am Regime des Präsidenten ins Internet gepostet.

Der Vorfall ist ein ernsthafter Eingriff in die durch ein internationales Luftverkehrsabkommen geschützte zivile Luftfahrt. – Und die westliche Politik reagiert seitdem prompt und lautstark… EU-Kommissionschefin von der Leyen sprach von „Entführung“, USA-Außenminister Blinken nannte den Vorfall „schockierend“, und immer wieder ertönt aus EU- und Nato-Hauptstädten nun die Forderung nach „scharfen Sanktionen“ gegen Weißrussland (auch Belarus genannt). Sogar der aktuelle EU-Gipfel, auf dem eine weitere Positionierung gegen die Russische Föderation auf dem Programm steht, soll mit dem Fall befasst werden.

Weitaus unaufgeregter war die westliche Allianz übrigens, als vor acht Jahren (im Juli 2013) die Maschine des damaligen sozialistischen Präsidenten Boliviens, Evo Morales, in Wien zwischenlanden musste. Er war auf dem Rückflug aus Moskau und sah sich während des Fluges mit einer plötzlichen Überflugsperre der südwesteuropäischen Nato-Staaaten Frankreich, Italien, Spanien und Portugal konfrontiert, aus „technischen Gründen“, wie es hieß…

Das Nicht-Nato-Mitglied Österreich erteilte daraufhin eine Landegenehmigung. Dort wollten Behörden das Präsidentenflugzeug durchsuchen, was Morales mit Verweis auf die diplomatischen Regeln und geltendes Völkerrecht verweigerte. Ausgerechnet der spanische Botschafter wollte den bolivianischen Präsidenten zu einer Durchsuchungsgenehmigung auf fremdem Territorium bewegen.

Die Absicht war klar: Auf Druck der USA-Administration Obamas sollte Evo Morales unterstellt werden, er hätte den USA-Bürger und NSA-Enthüller Edward Snowden, der sich vor der Verfolgung durch sein Land nach Russland geflüchtet hatte, an Bord. Aus Washington muss wohl auch die „Anregung“ zur Flugblockade gekommen sein, der die vier südwesteuropäischen Staaten gefolgt waren und den Luftraum für Morales‘ Flugzeug gesperrt hatten. Denn in den diplomatischen Verwicklungen um Snowden hatte sich der Präsident schon vorher grundlegend bereit erklärt, ihm in Bolivien Asyl zu gewähren…

Dieser staatliche und politisch motivierte Eingriff in den (zudem diplomatischen) Luftverkehr verblieb ungesühnt, und die westliche Politik reagierte bestenfalls schmallippig und wortkarg darauf. Der Sozialist Evo Morales stand ohnehin ganz oben auf westlichen Blacklists, denn er verweigerte westlichen Konzernen ein weitgehendes Zugriffsrecht auf die Lithium-Vorräte des Landes – und hatte sich auch sonst den ökonomischen Spielregeln des Westens recht erfolgreich widersetzt.

Die „von ganz oben“ angeordnete Flugblockade war ein aggressiver Warnschuss an den bolivianischen Präsidenten – nicht nur in Bezug auf die Snowden-Affäre. 2019 wurde Morales von einer rechten Putsch-Clique aus dem Amt und aus dem Land vertrieben – und die westlichen Regierungen klatschten „fröhlich“ Beifall dazu… Was Recht und Unrecht ist, wird wohl ohnehin in den westlichen Administrationen in Washington, Brüssel, Paris oder Berlin definiert…

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