đŸš© „1. Mai“ – Attraktive Kommunalpolitik muss sozial sein!

Ein PlĂ€doyer fĂŒr ein schnelles Umdenken im Flensburger Rathaus – von Herman U. Soldan-Parima (sozialpolitischer Sprecher der Ratsfraktion DIE LINKE Flensburg)

Die großen Mai-Demonstrationen sind fast schon Geschichte, denn Sozialabbau und Lohndruck, wie die neoliberale Politik sie seit mehreren Jahrzehnten vorangetrieben hat, hat nicht zu mehr SolidaritĂ€t der Millionen Betroffenen gefĂŒhrt, sondern zu weniger. Das mag erstaunen, ist aber die logische Folge, wenn „die öffentliche Meinung“ – das sind die meisten politischen Parteien und auch weite Teile der Presse und der Medien – Armutslöhne, zu geringe Sozialleistungen und millionenfache Befristungen als „alternativlos“ darstellen und die dramatische soziale Schieflage bestenfalls nur noch am Rande thematisieren.

đŸš© Ein Viertel der Bevölkerung wird von Wirtschaft und Politik abgehĂ€ngt

So bleiben Geringbezahlte und Hartz-IV-Bezieher*innen „außen vor“, wĂ€hrend ihnen die Klatschspalten verschiedenster Medien, unzĂ€hlige TV-Serien und Kitschfilme tagtĂ€glich den kleinen oder großen Wohlstand vorspielen und damit klarmachen, dass sie eigentlich gar nicht dazugehören. – Von der alten „Arbeiterpartei SPD“ und den ehemals linken GrĂŒnen haben sie seit der Jahrtausendwende, als Rot-GrĂŒn den Niedriglohnsektor, Hartz IV und andere Grausamkeiten (immer mit dem Beifall von CDU/CSU, FDP und der Arbeitgeberlobby) einfĂŒhrte, nichts mehr zu erwarten. Und auch die Gewerkschaften haben damals schamvoll den Schwanz eingezogen und hecheln nun der sozialen Krise oft nur noch hinterher.

So haben sich viele Menschen von der politischen Beteiligung zurĂŒckgezogen und sind seitdem auf dem RĂŒckzug ins Private. Alle verbalen Bekenntnisse und Forderungen aus SPD- oder Gewerkschaftskreisen nach mehr sozialer Gerechtigkeit verhallen seitdem – verstĂ€ndlich genug, denn „wer einmal betrĂŒgt, dem glaubt man nicht“
 Eine hunderttausendfache WĂ€hler*innen-Flucht hat seit ein paar Jahren auch die Linkspartei erreicht, denn mit deren Neuorientierung auf mehr Mittelschicht-WĂ€hler*innen wird der frĂŒher unverwechselbare soziale Kern der Partei bestenfalls noch als „ein Thema unter vielen“ wahrgenommen oder er erscheint zu oft als floskelhafte PflichtĂŒbung.

đŸš© In Flensburg werden die Konsequenzen der sozialen Spaltung ĂŒberdeutlich

Flensburg ist in vielen Bereichen ein deutlicher Spiegel der Entwicklungen der letzten 20-30 Jahre. Die Zahl derer, die zu Niedriglöhnen, in Minijobs (nicht selten auch mehrere davon) oder in befristeten Stellungen arbeiten, ist höher als der bundesweite Durchschnitt, die der Arbeitslosen, der Sozialleistungsbeziehenden auch – und bei persönlicher, Familien- oder Altersarmut liegt die Stadt ebenfalls in einer traurigen Spitzengruppe.

Da gehen lokalpatriotische Bekenntnisse zu einem „bunten Flensburg“ in „Vielfalt“ und „Zusammenhalt“ an mehr als einem Viertel der Menschen meilenweit vorbei. Die Mehrheit in der Kommunalpolitik steht zumeist achselzuckend davor, verweist auf die leere Stadtkasse oder darauf, dass es ja Gesetze der Bundesebene sind, die „wir hier“ nicht Ă€ndern können
 Das sind keine guten Ansagen an all diejenigen, denen das notwendige Geld fĂŒr ein sorgenfreies Leben dringend fehlt. Die Konsequenz ist, dass sich nur noch ein gutes Drittel der Menschen an Kommunalwahlen beteiligt!

Da nutzt es auch nicht viel, die Kommunalpolitik „attraktiv aufzuhĂŒbschen“, denn viele Menschen wissen, dass ihnen das nicht zu einem materiell besseren Leben verhelfen wird. Es nutzt der Stadt auch nicht viel, die Innenstadt „attraktiver“ zu machen, wenn im Handel, in der Gastronomie oder der Hotellerie, im Reinigungsgewerbe und anderswo auch weiterhin Armutslöhne gezahlt werden – teils sogar in Minijobs ohne soziale Absicherung. Mal ganz abgesehen davon, dass „schöne Shopping-Erlebnisse mit gastronomischem Genuss“ fĂŒr zehntausende Flensburger*innen gar nicht zu bezahlen sind.

Was wĂ€re also zu tun – damit wenigstens ein paar „Erster-Mai-Bekenntnisse“ spĂŒrbare Verbesserungen fĂŒr die vielen Menschen bringen, die kein Geld zur VerfĂŒgung haben oder unter der Armutsgrenze leben?

đŸš© Gesellschaftliche Armut durch soziale Wohnungspolitik der Stadt bekĂ€mpfen

Wenn es schon die politische Mehrheit in der Flensburger Ratsversammlung nicht wahrhaben will, dass jetzt mehrere tausend bezahlbare Wohnungen geschaffen werden mĂŒssen – sei es durch Neubau, Ankauf von Wohnungen durch die Stadt oder mietenregulierende Maßnahmen –, dann muss das PlanungsbĂŒro der Stadt dies leisten. Seine Aufgabe muss es nĂ€mlich sein, fĂŒr die notwendigen BedĂŒrfnisse der Einwohner*innen zu arbeiten und nicht permanent an ihnen vorbei! Einer OberbĂŒrgermeisterin, die einst die soziale Bewegung „Aufstehen“ mit gegrĂŒndet hat und von „ganz frĂŒher“ noch die „Kommunale Wohnungsverwaltung (KWV)“ kennen sollte, dĂŒrfte eine wirklich soziale Wohnungspolitik nicht fremd sein


Es ist unhaltbar, dass die Stadt pro Jahr 30 Millionen Euro fĂŒr MietzuschĂŒsse durch das Jobcenter („Kosten der Unterkunft“) ausgibt und damit teilweise die Vermieter und deren zu hohe Mieten subventioniert – anstatt ausreichend guten und bezahlbaren Wohnraum in der Stadt zu schaffen. Die Flensburger Linksfraktion fordert seit langem eine deutliche Wende hin zu einer sozialen Wohnungspolitik, doch immer wieder wird sie durch andere politische Mehrheiten oder die Ideenlosigkeit des stĂ€dtischen PlanungsbĂŒros ausgebremst.

đŸš© Kommunaler Einsatz gefordert: Bessere Löhne und sozialer Nahverkehr

Sozial muss es auch in der Flensburger Verkehrspolitik zugehen, denn eine „MobilitĂ€t fĂŒr alle“ ist fĂŒr tausende von Menschen mit geringem Einkommen eine Illusion. RegelmĂ€ĂŸiges Busfahren ist fĂŒr sie nĂ€mlich nicht drin. Da nutzt es dann auch nichts, wenn einige eifrige Kommunalpolitiker*innen von einer klimafreundlichen Verkehrswende parlieren, dabei aber den sozialen Aspekt aus dem Blick verlieren. Wer auch da mindestens ein Viertel aller Flensburger*innen außer Acht lĂ€sst, wird niemals eine breite Zustimmung in der Klimapolitik erreichen.

Aus Sicht der Linksfraktion geht eine sinnvolle Klima- und Verkehrspolitik nur mit deutlichen sozialen Rahmenbedingungen. Sie fordert ganz konkret schon seit einem Jahr ein um die HĂ€lfte des Preises reduziertes Flensburger Sozialticket fĂŒr alle Fahrscheintypen – doch das liegt seitdem auf Eis, und das Thema wird nur mit spitzen Fingern angefasst. Eine politische Mehrheit zĂ€hlt seitdem Euros und hat finanzielle Bedenken
 Bei der Bewilligung von 8 Millionen Euro fĂŒr Parkrenovierungen und Gartenschau-Spektakel flogen hingegen die HĂ€nde begeistert und ohne großes Zögern in die Höhe
 Geht‘s noch?!

Und dann das Thema „Arbeit“: Solange die Kommunalpolitik nebst OberbĂŒrgermeisterin und Stadtverwaltung mehrheitlich weit verbreitete Niedrig- und Armutslöhne in der Stadt (mit allen negativen sozialen und finanziellen Folgen) duldet, wird die Stadt weder sozial noch „bunt“. Da sich weite Teile der politischen Fraktionen zu diesem Thema als nicht zustĂ€ndig darstellen, wird die soziale und gesellschaftliche Schieflage der Stadt immer weiter zementiert. Die Linksfraktion hat darauf immer wieder hingewiesen.

Wie wĂ€r‘s, Frau OberbĂŒrgermeisterin, genau dies zum Thema von stĂ€dtischem Innenstadtmanagement und Treffen mit „Wirtschaftsfachleuten“ zu machen? Hier wĂ€re das Motto dafĂŒr: „Unter 13 Euro geht bei uns gar nichts!“ – Eine schicke Pressekampagne und ein paar ebenso schicke Plakate an den Laternen könnten zusĂ€tzlich Bewegung in die festgefahrene unsoziale Lage bringen. Vielleicht klappt‘s dann ja sogar Ende 2022 mit der Wiederwahl (denn von der CDU gibt‘s keine Stimmen mehr!). So könnte Kommunalpolitik „attraktiv“ werden – und viele Menschen, die jetzt „außen vor“ sind, unterstĂŒtzen. Die Sympathie der Linksfraktion hĂ€tten Sie dafĂŒr.

đŸš© Einen schönen 1. Mai
!

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