Portugal kann schwere soziale Defizite der EU ĂŒberwinden helfen. Vergangene BRD-PrĂ€sidentschaft war eher ein âFlopâ…

Ob die EU zu einer sozialeren Politik fĂŒr die 27 Mitgliedsstaaten taugt, muss mit Skepsis betrachtet werden, denn der Kernfehler der Staatengemeinschaft ist, dass sie in ihren VertrĂ€gen (u.a von Masstricht 1993 und Lissabon 2007) eine neoliberale Wirtschaftspolitik festgeschrieben hat, die z.B. eine wirkungsvolle Sozialcharta mit verbindlichen Standards nahezu unmöglich macht â und darĂŒber hinaus von einer Reihe von Staaten abgelehnt wird.
Portugal, das im 1. Halbjahr 2021 die EU-RatsprĂ€sidentschaft innehat, setzt nun jedoch zumindest verbal neue Zeichen: Die links-sozialdemokratische Regierungspartei tritt mit dem bemerkenswerten Slogan âZeit zum Handeln: FĂŒr einen gerechten, grĂŒnen und digitalen Wiederaufbauâ in der EU an und wird einen Schwerpunkt auf die Sozialpolitik der EU legen. Bei aller Skepsis am EU-System könnte hier aus Lissabon zumindest ein neuer Tonfall in die neoliberale EU gelangen.
Ende 2020 ging die RatsprĂ€sidentschaft der BRD zu Ende. Sie verlief wenig erfolgreich und stand unter dem wachsweichen Motto âGemeinsam. Europa wieder stark machenâ. Falsch ist es allemal, denn âEuropaâ reicht bis zum Ural â und genau dort hat die EU nun wahrlich nichts zu suchen, besonders wenn das âStark-Machenâ auch die militĂ€rischen PlĂ€ne der EU gegen Russland beinhaltetâŠ
Viel hat die BRD im EU-Vorsitz wahrlich nicht erreicht. Neben einer mĂŒhsam beschlossenen Corona-Hilfsanstrengung blieben die Ziele einer besseren, gemeinsamen FlĂŒchtlingspolitik und die Einhaltung demokratischer Rahmenbedingungen fĂŒr alle (!) Mitgliedsstaaten auf der Strecke…
Doch zurĂŒck zu Portugals RatsprĂ€sidentschaft. Bei einem Gipfeltreffen im Mai 2021 in Porto soll die so genannte âsoziale SĂ€uleâ der EU konkretisiert und mit einem Aktionsplan unterfĂŒttert werden. âDie soziale SĂ€ule muss eine konkrete Bedeutung fĂŒr die BĂŒrger*innen erhaltenâ, heiĂt es im portugiesischen Programm ihrer PrĂ€sidentschaft.
Möge diese Absicht nicht an falschen Kompromissen und diplomatischen WinkelzĂŒgen scheitern, denn Niedriglöhne, wachsende soziale Spannungen und unzureichende Sozial- und Transferleistungen kennzeichnen die meisten EU-Mitgliedsstaaten. Mehr als jede*r FĂŒnfte (20,9%, BRD: 17,4%) ist in der EU von Armut betroffen, 25% in Spanien und einigen osteuropĂ€ischen LĂ€ndern und 30% in Griechenland und den Balkan-NachbarlĂ€ndern.
Portugals Schwerpunktsetzung ist also höchst notwendig â und sollte die portugiesische Regierung (die derzeit ohne UnterstĂŒtzung der Linksparteien als Minderheitsregierung agiert) es damit wirklich ernst meinen, wĂŒrde sie nicht nur einen bisher âunerhörtenâ Schritt gehen, sondern der (zu Recht!) in Verruf geratenen Union einen wichtigen Dienst zu neuer GlaubwĂŒrdigkeit und notwendiger Erneuerung verschaffen.
Hier mehr ĂŒber die EU-PrĂ€sidentschaft Portugals erfahren (in englischer Sprache): https://www.2021portugal.eu/en/