
Nicht erst seit „Corona“ scheint die Gefahr der Ansteckung mit dem HIV-Virus „weit weg“ und bestenfalls in Afrika ein größeres Problem. – Die Infektionen sind seit einigen Jahren zurückgegangen, hierzulande wie zum Teil auch weltweit. Doch zu Sorglosigkeit besteht kein Anlass – besonders nicht bei den bekannten Risikogruppen, denn mehr als 10 Prozent der Infizierten wissen nicht, dass sie das Virus mit sich tragen und es dann auch weiterverbreiten.
Es gibt keinen 100-prozentigen Schutz
Noch immer wird „Safe Sex“(z.B. mit Kondom) nicht zu 100% praktiziert. Auch wenn die HIV-Medikamententherapie, die etwa 90% aller Infizierten bekommen, das Virus im Körper „unterdrückt“, gibt es bei ungeschütztem Sex ein Restrisiko der Weitergabe an andere Personen. Aktuelle Kampagnen fokussieren oft zu wenig auf dieses Risiko. Ebenfalls keinen absoluten Schutz bietet die vorbeugende Einnahme von sog. „PrEP“-Pillen – oder die mehrwöchige „PEP“-Therapie kurz nach einer vermuteten Ansteckung.
2019 waren weltweit 38 Mio. mit HIV infiziert – etwa 25 Mio. erhielten Medikamente (in der BRD sind es knapp 77.000, mehr als 90% aller Infizierten, in Schleswig-Holstein/SH ca. 1.200), aber 30% der betroffenen Weltbevölkerung (über 12 Mio.) hat keinen Zugang zu medikamentöser Behandlung.
Schwerpunkt südliches Afrika – aber nicht nur dort…
In den neun Ländern des südlichen Afrika ist der Anteil der HIV-infizierten Erwachsenen mit 10-25% sehr hoch – nur in Angola liegt die Rate bei unter 2%. Danach sind die Länder des mittleren Afrikas am stärksten betroffen (etwa 1-10%). In der BRD liegt der Wert bei 0,1% wie in den meisten anderen Ländern des globalen Nordens; lediglich in Osteuropa steigen die Infektionsraten noch stärker an – in Russland und der Ukraine liegen sie derzeit bei etwa 0,9%.
Erhöhte Risiken durch fehlende Diagnosen und in bekannten Risikogruppen
Rund 10.000 Menschen in der BRD (SH: etwa 250) wissen nichts von ihrer HIV-Infektion, teilte das Robert-Koch-Institut Ende 2019 mit, darunter rund 7.000 schwule/bisexuelle Männer, 2400 Heterosexuelle und 1.100 Drogenabhängige (SH: 170/60/20).
Seit 2000 sind weltweit knapp 15 Mio. an Aids verstorben (von 1,5 Mio. jährlich auf derzeit unter 0,7 Mio. In der BRD starben seit Mitte der 1980er Jahre etwa 30.000 Menschen an Aids. – Auch jetzt stecken sich hierzulande jährlich noch etwa 2.500 Menschen mit HIV an (in SH ca. 60), mehr als drei Viertel von ihnen sind Männer. Laut UNAIDS liegt das weltweite Infektionsrisiko für schwule/bisexuelle Männer, Drogenabhängige und Prostituierte um das 25-30fache höher als in der Durchschnittsbevölkerung.
Die Bekämpfung der HIV-Pandemie darf nicht aus dem Blickfeld geraten
Fachleute vermuten, dass die Corona-Epidemie auch Auswirkungen auf die besondere HIV-/Aids-Situation in den ärmeren Ländern der Welt hat. Der Berliner Tagesspiegel schrieb dazu am 25.11.2020: „Bislang beziehe sich globale Gesundheitspolitik vor allem auf Krankheiten, die Menschenleben in reichen Ländern bedrohen, sagt Peter Sands, Direktor der Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria. ‚Wir sollten keine Welt sein, in der übrig gebliebene Pandemien unter den armen Menschen wüten‘, fordert der Ökonom. Sobald in wohlhabenden Ländern wie Deutschland, Großbritannien und den USA Impfprogramme gegen Covid-19 ausgerollt werden, erwartet er den starken Drang sich anderen Themen zuzuwenden.“