Daniel Günther (Schleswig-Holstein, CDU) und Bodo Ramelow (Thüringen, DIE LINKE) hatten sich im Vorfeld der Bund-Länder-Beratungen über neue Corona-Maßnahmen eigentlich klar positioniert…

„Ich habe deshalb heute in der Kabinettsitzung die Mitglieder meiner Regierung und die Vorsitzenden der Koalitionsfraktionen darüber informiert, dass ich einer Lockdown-Beschlussfassung in der MPK aus den dargelegten grundsätzlichen Erwägungen nicht zustimmen werde.“ – so deutlich klang Bodo Ramelow noch am Tag vor der gestrigen Ministerpräsidentenkonferenz mit Kanzlerin Merkel.
Ihm ging es um das Prinzip des parlamentarischen Vorrechts bei solch weitgreifenden Beschränkungen der persönlichen Freiheit: „Als Selbstorganisation der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder nimmt die MPK in der laufenden Pandemiebewältigung eine wichtige strukturierende Aufgabe wahr. Diese Aufgabe darf sie jedoch nicht überstrapazieren. Die MPK muss sich im Hinblick auf die Stärkung der Legislative bei der Pandemiebewältigung ihrer Funktion und den Grenzen ihrer Kompetenzen bewusst sein.“ – Respekt! Doch es kam anders…
Sein schleswig-holsteinischer Kollege Daniel Günther (CDU) musste ebenfalls seine jüngsten Ankündigungen, die er noch wenige Tage vor der MPK verteidigt hatte, aufgeben. Er wollte die Gastronomie vor einem Total-Lockdown (wie nun beschlossen) bewahren: „Wir möchten, dass die Gastronomie geöffnet bleibt“, hatte er verkündet und wollte sich dabei auch in der MPK einsetzen. – Genutzt hat es nichts…
Beide Ministerpräsidenten sind nun eingeknickt: Die Beschlüsse wurden nicht im Parlament gefasst – und um der bundesweiten Einheitlichkeit willen wurden jüngste Ankündigungen zurückgezogen. Das ist ziemlich bitter, denn beide haben mit ihren Haltungen Recht. Zum einen darf die parlamentarische Demokratie nicht weiter und übermäßig strapaziert werden, zum anderen sollte regionalen Unterschieden Rechnung getragen werden.
Nachvollziehbar am MPK-Beschluss ist die Grundhaltung, die teils unkontrollierten Corona-Infektionen jetzt (!) unter Kontrolle zu bringen. Jedoch greifen die für den November beschlossenen Maßnahmen massiv in Bereiche ein, die (glaubt man den Statistiken) eher eine geringe Gefahr darstellen: Gastronomie und Kultur. Insbesondere in diesen Bereichen gab und gibt es weitestgehend funktionierende Hygienekonzepte, die den Weiterbetrieb und den Besuch der Menschen möglich machen. Und diese Bereiche trifft es nun (nicht nur wirtschaftlich) am härtesten.
Umso mehr hätten die Maßnahmen in die parlamentarische und öffentliche Debatte gehört – und auch im Bundestag debattiert und beschlossen werden müssen. Der mediale Ruf nach Einheitlichkeit der Maßnahmen für die ganze Republik (Tenor: „Niemand weiß mehr, was wo und wann gilt!“) nimmt den eigentlich zuständigen Ländern die Handlungskompetenz. Warum muss jemand aus Baden-Württemberg eigentlich verwirrt darüber sein, welche Regeln in Schleswig-Holstein gelten? Dafür gibt es keinen Grund, da es den eigenen Alltag nicht betrifft – und da es leicht zugängliche Informationsquellen gibt, „was wo und wann gilt“…