Sozialer Wohnungsbau: Ignoranz und Schneckentempo

Ob bundesweit oder hier in Flensburg: Wenn es um bezahlbare Wohnungen geht, setzen die allermeisten Abgeordneten ihre Scheuklappen auf. Das ist dann auch das Einzige, was schnell geht…

In der Flensburger Ratsdebatte am letzten Donnerstag versuchte doch wahrhaftig ein CDU-Ratsherr zu erklären, warum „zu viel“ sozialer Wohnungsbau die Mieten für die anderen Neubauwohnungen in die Höhe treiben würde. Man könne sich so viele billige Wohnungen also gar nicht leisten… Naja, das ist wohl ein typischer Fall für eine Milchmädchenrechnung – oder für eine politische Nebelkerze.

Denn: Wenn sich sozialer Wohnungsbau für private Investoren angeblich nicht lohnt, dann liegt der Fehler nicht bei den dringend benötigten sozial geförderten Wohnungen, sondern im System des privaten Wohnungsbaus selbst. Dann taugt eben das System der privaten Investoren nicht, denn Wohnungsbau darf nicht den bestmöglichen Profiten der Privatwirtschaft, sondern muss den Bedürfnissen einer breiten Bevölkerung, die immer weniger Geld in der Tasche hat, dienen!

Wenn dieser CDU-Politiker mit zweifelhaftem Durchblick nur ein Fünkchen Recht hätte, würde das ja im Umkehrschluss bedeuten, wir müssten unsere Stadt mit noch mehr Bauprojekten mit niedrigem Sozialanteil zupflastern, bis eine zufriedenstellende Zahl von Sozialwohnungen erreicht wäre. Die überschüssigen teuren Wohnungen würden dann noch teurere Renditeobjekte, die letztendlich die Mietpreise immer höher treiben würden (das ist ja schon länger die Methode der Spekulanten).

Und: Ach ja, der Ratsherr glaubte auch erklären zu müssen, dass es mehr „bezahlbare“ Wohnungen außerhalb der öffentlichen Sozialförderung geben müsse. Genau an diesem Punkt haben die beiden Flensburger LINKE-Ratsherren Frank Hamann und Lucas Plewe aber schon 2019 errechnet, dass der Begriff „bezahlbar“ aufgrund der Sozial- und Einkommensstruktur der Stadt eine Kaltmiete von maximal 7 Euro zulassen würde (Sozialwohnungen liegen mit 5,60 Euro nur wenig darunter). – Dieser Fakt schmeckt den privaten Investoren und ihren politischen Gefolgsleuten aber ganz gewiss auch nicht…

Da ist es schon absurd, dass gestern im Rat außer dem Fraktionsvorsitzenden Frank Hamann niemand sonst (!) der Forderung der Flensburger Ratsfraktion DIE LINKE zu 50 Prozent Sozialwohnungen bei größeren und 30 Prozent bei kleineren Bauvorhaben zustimmte. Selbst eine sich selbst als Linke definierende Ratsfrau bekam den Finger dafür nicht hoch, obwohl genau das eine jahrelange Forderung der LINKEN ist…

Fast alle Ratsmitglieder verschließen also immer weiter die Augen vor der tatsächlichen Wohnungssituation in Flensburg, wo es massiv an wirklich (!) bezahlbaren Wohnungen fehlt, denn wachsende Arbeitslosigkeit, tausendfach zu erwartende Kurzarbeit und viel zu niedrige Löhne, Renten und Transferleistungen sprechen eine ganz andere Sprache als die Verliebtheit ins private Baugewerbe, das all dies am liebsten ignoriert.

Die im Rat beschlossenen neuen Leitlinien für den Wohnungsbau, die eine Quote von 30 Prozent Sozialwohnungen bei größeren Bauvorhaben festlegen, sind besser als nichts, aber es bleibt zu wenig und zieht die soziale Anpassung auf dem Wohnungsmarkt unnötig in die Länge. Das ist nicht nur eine falsche politische Verzagtheit, sondern befeuert die soziale Schieflage und die Not vieler Menschen (gerade in jetzigen Krisenzeiten) immer weiter.

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