Das Glas ist noch nicht mal halbvoll…

Das neue Konjunkturpaket der Berliner GroKo soll hier und da die aktuelle Überschuldung der Kommunen lindern und einige zukunftsorientierte Investitionen unterstützen – aber der große (notwendige!) Wurf ist es nicht. Und: Es „hakt“ wieder mal beim Sozialen…

Eine erste Einschätzung zum Konjunkturpaket und den Folgen für Flensburg habe ich als Mitglied der Ratsfraktion DIE LINKE geschrieben:

Die Stadt Flensburg war schon vor der Corona-Krise finanziell „arm dran“: hochverschuldet, vergleichsweise wenig Investitionsspielraum und hohe soziale Transferleistungen. Sollte die Aussage von Oberbürgermeisterin Lange stimmen, dass die durch die Corona-Maßnahmen weggebrochenen Steuer- und Gebühreneinnahmen zusätzlich mit 40 Millionen „Miesen“ zu Buche schlagen, würde die Stadt direkt am finanziellen Abgrund stehen. – Das Berliner Konjunkturpaket von Union und SPD kann hier allerdings nur etwas Druck aus der sehr angespannten Lage nehmen… Einige Maßnahmen im Einzelnen:

– Die weggebrochenen Gewerbesteuern (in Flensburg ca. 15 Mio. € für 2020/21) will der Bund mit 50 Prozent ausgleichen. Die andere Hälfte soll das Land Schleswig-Holstein übernehmen (eine Stellungnahme aus Kiel liegt noch nicht vor). Die bisherigen Abschlagszahlungen aus der Gewerbesteuer seitens der Kommunen an Land und Bund bleiben weiterhin bestehen.

– Durch den Anstieg der Arbeitslosigkeit sowie Bezieher*innen von Kurzarbeitergeld fallen auch Einnahmen aus der Einkommenssteuer in Höhe mehrerer Millionen weg. Hier bietet die Bundesregierung keinen Ausgleich an.

– Der Bund will bis zu 75 Prozent (derzeit 25%) der Wohngeldzuschläge für Hartz-IV- und Grundsicherungsbezieher*innen übernehmen (vor der Corona-Krise lagen die Kosten in Flensburg dafür bei rund 10 Mio. €). Das ist positiv, denn Flensburgs Haushalt könnte hier um bis zu 4 Millionen Euro entlastet werden. Ein nicht unerheblicher Teil davon dürfte jedoch durch gestiegene Transferleistungen im Hartz-IV-Bereich wieder „aufgefressen“ werden.

– Für jedes Kind sollen einmalig (und anrechnungsfrei) 300 Euro gezahlt werden. Das wird insbesondere bei Familien mit niedrigen Einkommen für eine gewisse Entlastung sorgen, denn hier schlagen gestiegene Kosten der Corona-Krise ohnehin negativ zu Buche. – Das war‘s dann aber auch schon mit sozialen Entlastungen. Tausende Flensburger*innen ohne Kinder erhalten bei viel zu niedrigen Hartz-IV-Sätzen, Niedriglöhnen und zu kleinen Renten und ebenfalls gestiegenen Ausgaben keinerlei zusätzliche Unterstützung. DIE LINKE fordert schon seit Beginn der Krise einen monatlichen Zuschlag auf Transferleistungen von 200 Euro und ein Kurzarbeitergeld von mindestens 90 Prozent, um die gestiegenen Kosten halbwegs auffangen zu können. Ohne eine soziale Aufwertung der Corona-Hilfen werden die Kosten der Krise auch weiterhin auf die Ärmsten abgewälztt.

– Aus Bundesmitteln sollen zukunftsorientierte Investitionen in den Kommunen gefördert werden. Grob umgerechnet auf die Flensburger Bevölkerung, die 0,1 Prozent aller Bundesbürger*innen ausmacht, wären dies z.B. 2 Millionen Euro zur Finanzierung des Nahverkehrs, 1 Million für den erleichterten Mittelabfluss bei klimaorientierten Förderprogrammen oder 150.000 Euro für Sportstätten. Für den Ausbau von Kitas, der Ganztagsschulen sowie das digitale Lernen könnten der Stadt 3 Millionen Euro zufließen.

In Bezug auf die ohnehin angespannte Haushaltssituation der Stadt Flensburg bleibt das Problem der hohen Schulden (Gesamtsumme: 215 Mio. €!) aber auch zukünftig bestehen. Eine Entlastung bei den Altschulden, einen dauerhaften Solidarpakt für besonders finanzschwache Kommunen oder eine vollständige Übernahme der coronabedingten Mehrausgaben bzw. Einnahmeminderungen, wie eine breite Mehrheit der Flensburger Ratsversammlung (nach einer Initiative der Flensburger Ratsfraktion DIE LINKE) erst jüngst gefordert hatte – alles das wird es nicht geben. Damit wird das Grundproblem der „klammen“ Kommune Flensburg nicht grundlegend gelöst – und die Forderungen des Ratsbeschlusses bleiben auf der Tagesordnung.

Das Flensburger Glas wird durch das GroKo-Konjunkturpaket trotz einiger nützlicher (und ohnehin notwendiger!) Investitionsanreize noch nicht mal halbvoll. Die Freude sollte also nicht zu überschwänglich werden, denn an der hohen (und derzeit zunehmenden) Armutsquote ändert sich grundlegend nichts zum Positiven. Mit etwas Glück kommt die Stadt daher nur etwas weniger stark „gerupft“ durch die seit Corona noch verstärkte wirtschaftliche und soziale Krise.

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