(M)eine Bilanz zu Wegen und Abwegen der Flensburger Kommunalpolitik der vergangenen Monate

Kommunalpolitik lebt auch von der Vielfalt der Meinungen verschiedener Parteien. Dazu muss allerdings mit offenen Karten gespielt werden! – Derzeit ist allerdings am konkreten Thema des Flensburger Hafens erneut mitzuerleben, wie einige dieser Karten aus dem Ärmel gezogen werden (und sie sind wohl auch ganz bewusst dort hineingesteckt worden – egal wann). Wahrheit und Klarheit bleiben dabei auf der Strecke…
Offen und nachvollziehbar ging es nun in Sachen Hafenbetrieb wahrlich nicht zu. Um an Landesfördermittel für Wohnneubauten auf dem Ostufer zu kommen, peitschte eine Ratsmehrheit von SPD, CDU, Grünen und FDP Anfang 2019 die Verlegung des Wirtschaftshafens vom Ost- auf das Westufer durch – lange bevor genug Fakten und die Kosten dafür auf dem Tisch lagen. Da konnte allen (z.B. der neuen Bürgerinitiative Flensburger Hafen), die dies vehement ablehnten, schwindelig werden – nicht nur von der Schnelligkeit, sondern vor allem von der Dreistigkeit, mit der Ratsmehrheit samt Oberbürgermeisterin Simone Lange hier agierten.
Schon damals war doch durchgesickert, dass einige der politischen Akteure bereits seit einigen Jahren mit der Einstellung des Hafenwirtschaftsbetriebs liebäugelten, um privaten Investoren das Neubau-Feld am Ostufer zu überlassen. Dennoch trieben sie den Hafenumzug voran, womöglich in der Hoffnung, genau dieses Projekt scheitern zu sehen und dann den Hafenbetrieb zu opfern. – Der jüngste SPD-Vorstoß zur Aufgabe des Hafens ist daher nur Glied in dieser Kette, aber sehr draufgängerisch, hatte die SPD-Ratsfraktion doch vor einem Jahr noch für den Hafenumzug getrommelt…
Mit Wahrheit und Klarheit hapert es seit Jahren gewaltig auch in der Wohnungspolitik, die per ähnlicher Ratsmehrheit an den eigentlichen Bedürfnissen der Menschen in Flensburg vorbeigeht: Immer mehr Wohnungen fallen aus der sozialen Bindung, und neue bezahlbare Wohnungen werden nicht ausreichend gebaut. – Ende 2016 hatte der Rat noch für eine 15-Prozentquote für Sozialwohnungen im gesamten Wohnungsbestand gestimmt, doch die wirkliche Quote dümpelt fast unverändert bei 8 Prozent herum.
Immer wieder erhalten private Investoren den Vorzug für viel zu teure Wohnungen – und die vielen Flensburger*innen, die von zu hohen Mieten und Wohnungsnot betroffen sind, schauen dann dabei Mal um Mal in die Röhre. Seitens der Verwaltung hilft es da auch nicht, Wohnungsnot zu leugnen und auf die zwei Wohnungsgesellschaften zu verweisen, die aber viel zu wenig bezahlbaren Wohnraum bereitstellen. – Ziel heftig verfehlt!
Nur wenige Wochen ist es her, dass es kräftige Proteste gegen einen Hotelneubau im Bahnhofswald gab – zu Recht! Das Projekt ist nicht nur aus Klima- und Umweltgründen unsinnig und wahnsinnig. Es ist vielmehr völlig aus dem Ruder gelaufen, denn für einen Hotelneubau war doch noch 2016/17 vorwiegend das bereits versiegelte Gebiet der Hauptpost nördlich des Hangwaldes vorgesehen. Entsetzen in der Bevölkerung und einer weiteren Bürgerinitiative kam erst auf, als vor gut einem Jahr völlig andere Pläne auf den Tisch kamen. – Auch hier hatte also eine zweite (investoren-„freundliche“) Tagesordnung existiert… Wie ärgerlich, dass eine ähnliche Ratsmehrheit sich in den wesentlichen Punkten durchsetzte und dafür auch das Placet der Oberbürgermeisterin erhielt.
Noch ärgerlicher ist es aber, dass Wahrheit und Verstand – wie bei diesen drei zentralen Punkten – immer wieder anderen Motiven geopfert werden… Das führt bei vielen Menschen zu Unverständnis und Ärger. Neue Bürgerinitiativen und vielfaches Engagement zeigen das sehr deutlich. Wer so Kommunalpolitik macht, riskiert damit auch, dass Glaubwürdigkeit und Akzeptanz verloren zu gehen drohen. Für die notwendige Demokratie vor Ort ist das ein Desaster!
Die derzeitige „Ratspause“ sollte daher auch für eine Wende zur Wiederherstellung von verantwortungsvoller Stadtplanung und glaubwürdiger kommunaler Demokratie genutzt werden. – Es nutzt nichts, ein „Jahrhundertprojekt“ nach dem anderen auszurufen und dabei mit rohen Eiern herumzujonglieren, wenn hinter den Kulissen immer wieder neu taktiert und bei der Außendarstellung dieser Politik herumgeeiert wird. Ostereier sollte man verstecken, aber nicht die Wahrheit in der Kommunalpolitik! – In diesem Sinne: „Frohe Feiertage!“