Spahn (CDU) bringt 14 Euro Pflege-Mindestlohn ins Spiel: Schnellschuss oder späte Einsicht?

Ein Kommentar zu stark verzögerten Erkenntnissen in der Lohn- und Sozialpolitik von Herman U. Soldan (DIE LINKE Flensburg)

(Erstveröffentlichung am 05.07.2019)

Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Bundestagsfraktion DIE LINKE, kommentiert die Idee von Bundesgesundheits-minister Spahn (CDU) für einen Pflege-Mindestlohn von 14 Euro (wie die Tagesschau heute meldet) in einer ersten Reaktion so: „Die Richtung stimmt! DIE LINKE will 14,50 Euro Pflege-Mindestlohn. Entscheidend ist nicht die Stelle nach dem Komma. Wir brauchen gegen den Pflegenotstand eine starke gesetzliche Gesundheits- und Pflegeversicherung, in die auch Politiker, Beamte und Selbstständige einzahlen. Eine für alle!“

Recht hat Dietmar Bartsch – aber für uns LINKE ist eine deutliche Erhöhung der Pflege-Löhne schon seit langem auf der Tagesordnung, und wir fordern (wie der Gesundheitsminister erst jetzt!) ebenfalls nicht erst seit gestern einen flächendeckenden Tarifvertrag für Pflegebeschäftigte. Darüber hinaus fordern wir mehr Personal und damit bessere Personalschlüssel, denn dabei gehört die BRD im europäischen Vergleich zu den Schlusslichtern – zu Lasten der Beschäftigten und der zu Pflegenden! Außerdem hat die immense Belastung viele Beschäftigte in Teilzeit – oder sogar aus dem Beruf getrieben.

Hier und bei anderen sozialen Themen ist es doch grotesk, dass die Regierungsverantwortlichen in Berlin (und damit auch die anderen Parteien) immer erst nach Jaaaahren aus dem Mustopf kommen: Vor der Einführung des Mindestlohns (damals 8,50 €) mussten wir LINKE die SPD und einige Gewerkschaften geradezu „zum Jagen tragen“; heute feiern sich die Sozis damit als Erfinder… Danach sperrten sie sich gegen die von uns LINKEN angestrebte Erhöhung auf mindestens 12 Euro; heute fordert die SPD Schleswig-Holstein plötzlich genau den Betrag, den DIE LINKE schon vor über zwei Jahren durch eine Anfrage im Bundestag erfahren hat (12,63 €) – sehr „witzig“… – Oder: Über Jahre hinweg musste der Pflegenotstand immer weiter eskalieren, bis der CDU-Gesundheitsminister erstmals einen Pflege-Mindestlohn von 14 Euro in den Mund nimmt; wir LINKE fordern schon seit Jahren 14,50 Euro… Auch in der Wohnungspolitik hatten wir LINKE immer die Nase vorn. – Und es hat fast 20 Jahre gedauert, bis die SPD den Begriff „Hartz IV“ erstmals kritisch, wenn auch mit spitzen Fingern anfasste!

Mir geht es hier nicht ums Rechthaben oder um ein politisches Hase-und-Igel-Spiel. Viel wichtiger ist doch, wie viele Jahre SPD, Grüne und CDU Niedrigverdienende, Pflegekräfte, Mieterinnen und Mieter und TransferleistungsempfängerInnen ignoriert, ihrer Würde beraubt, um Milliarden von Euro geprellt und die Gesellschaft immer weiter in Schieflage gebracht haben! Eine Schieflage, die katastrophale Konsequenzen für die demokratische Struktur und den gesellschaftlichen Zusammenhalt ausgelöst hat. Das ist der eigentliche schmerzhafte Skandal einer unsozialen Politik, die viele Millionen Menschen in stärkste Bedrängnis gebracht hat!

Wer jetzt in SPD und CDU in selbsterzeugter Notlage kommentarlos und wohlfeil LINKE Positionen als eigene Lösungen aus dem Hut zaubert, gewinnt damit noch lange nicht an Glaubwürdigkeit. Genau bei diesen Parteien liegt es nämlich an der konkreten, praktischen und schnellen Umsetzung ihrer neuen Bekenntnisse – denn (noch) hat die GroKo die Mehrheit im Bundestag. – Wohlan, nun zeigt mal, was ihr tun könnt! Und zieht euch nicht auf die Finanzierungsproblematik zurück, denn Geld ist genug da – es muss nur richtig (um-)verteilt werden! Auch dafür können wir LINKE mit schlüssigen Konzepten dienen…

Wir LINKE haben in den Debatten und in unserer Kommunikation mit den materiell Schwächsten nicht immer „alles richtig“ gemacht – und haben in letzter Zeit deshalb auch den wichtigen Draht zu vielen von Lohnraub und von Sozial-Kahlschlag Betroffenen verloren. Das müssen wir (nicht nur) auf Bundesebene schnellstens verändern. – Aber eines ist auch klar: Auch aus der Opposition heraus ist DIE LINKE durchaus in der Lage, eine Meinungsführerschaft bei zentralen politischen Themen, die oft auch in der Bevölkerung mehrheitsfähig sind, zu erlangen – für eine soziale, gerechte und solidarische Gesellschaft. Und dafür müssen wir „die Anderen“ eben noch deutlicher „zum Jagen tragen“ – in Bund und Land oder auch in der Kommunalpolitik!!!

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