Gedanken vor der EU-Wahl von Herman U. Soldan (DIE LINKE Flensburg)
(Erstveröffentlichung am 03.05.2019)

„Wir müssen dafür sorgen, dass es besser wird!“, hatte Sahra Wagenknecht in ihrem kurzen Wahlaufruf für eine bessere EU jüngst zu Recht geschlussfolgert. – Wenn allerdings viele Wahlberechtigte aus teils berechtigtem Frust über die EU-Politik nach rechts abdriften, machen sie gar nichts besser, und sie tun weder sich noch anderen noch der EU als derzeit unfertigem Polit-Konzept einen Gefallen.
Die EU hat durch ihre Grundlagenverträge von Maastricht und Lissabon soziale Standards bewusst verhindert, und das rächt sich jetzt – so wie der neoliberale Kurs von Sozialabbau, Lohndumping und Entsolidarisierung (oder der „Angst“ davor) in den meisten EU-Mitgliedsstaaten zum Erstarken von rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien geführt hat, von Skandinavien bis Italien, von Frankreich bis Polen oder Ungarn – und auch in der Bundesrepublik oder in Österreich.
Millionen von Menschen sind materiell und kulturell durch den neoliberalen Wirtschaftskurs, also durch den „gewöhnlichen Kapitalismus“, abgehängt und von Armut bedroht oder direkt betroffen. Immer unsicherere und schlecht bezahlte Arbeit bei gleichzeitiger Mietenexplosion bringt die Lebensgrundlage nicht nur für die Ärmsten, sondern bis weit in die Mittelschichten in Gefahr.
Es muss klar sein, dass rechte Parteien wie die AfD in keinster Weise etwas an der unsozialen, neoliberalen Struktur ändern wollen! Sie sind gegen armutsfeste Mindestlöhne, wollen keinen sozialen Wohnungsbau und lehnen eine Rückverteilung überbordender privater Vermögen durch eine Millionärssteuer ab. Hier ist also für die Frustrierten oder gar für eine bessere Gesellschaft rein gar nichts zu holen! – Die rechte Verleugnung des menschengemachten Klimawandels sei hier nur am Rande erwähnt…
Gleichzeitig bilden sie den Menschen ein, dass eine europäische Integration, wie in der EU angestrebt, verzichtbar ist – und das alles in der Konkurrenz von Nationalstaaten, die dann noch stärker und aggressiver würde als jetzt schon. Bei solchen Fantasien spielt noch nicht mal „die Wirtschaft“ mit. – AfD & Co. sind also nicht nur rechts außen (vor), sondern sie sind fern jeder Realität. Und da ihr dumpfer Nationalismus immer auch die niedrigsten Instinkte anspricht, wenn gegen Asylsuchende, Zugewanderte oder EU-BürgerInnen mit anderem kulturellen Hintergrund gehetzt wird, stehen sie auch nicht auf dem Boden freiheitlicher und demokratischer Strukturen.
Die aggressiven Rechtsparteien haben nicht nur mit menschenwürdiger Sozial- und Wirtschaftspolitik nichts am Hut, sie schaffen durch ihren Rassismus und Nationalismus nur noch mehr Probleme und Gefahren für die Menschen in der EU. – Die europäischen Linken, und auch DIE LINKE, setzen diesen inhumanen, unsozialen und antidemokratischen Umtrieben konsequent die Schaffung einer sozialen Grundlage für die EU entgegen: Nur wenn in der EU soziale Sicherheit und soziale Gerechtigkeit hergestellt werden, kann den rechten Hasspredigern der Boden ihrer Hetze entzogen werden. Nur so kann eine EU demokratisch, solidarisch und friedliebend für alle Menschen gestaltet werden! Und: Nur so kann es „besser werden“!