Während die AfD zugewinnt, bleibt Die Linke unsichtbar…

Die Linkspartei fährt seit langem einen Harakiri-Kurs, bei dem sie Wähler*innen verliert, keine neuen hinzugewinnt – und so als politische und parlamentarische Alternative für soziale Gerechtigkeit, Demokratie und eine konsequente Friedenspolitik weitestgehend ausfällt

Die jüngsten Umfragewerte sind erschreckend, auch wenn sie mit Vorsicht zu genießen sind: Aktuell befindet sich die rechtsextreme AfD auf einem Höhenflug von 16-18 Prozent, etwa gleichauf mit SPD (18%) und Grünen (15%) – aber rund drei- bis viermal stärker als Die Linke, die seit fast zwei Jahren nur noch auf 4-5 Prozent kommt. Sieht man allein auf den Osten der Republik liegt die AfD derzeit bei 20-25 Prozent, SPD, Grüne und Linke kommen in einigen Regionen lediglich auf 7-10 Prozent…

Doch es gibt auch eine aktuelle Zahl, die etwas Hoffnung auf eine Schwächung der AfD machen könnte: Etwa zwei Drittel (67%) aller derzeitigen AfD-Wählerinnen und Wähler wählen die Partei nicht aus rechter oder rechtsextremer Überzeugung, sondern „aus Enttäuschung“, wie es jüngst im ARD-Trend hieß.

Viele Menschen, die seit längerem oder erst aktuell mit der AfD sympathisieren, haben in den vergangenen Monaten, Jahren und Jahrzehnten allerdings schlechte Erfahrungen mit den regierenden Parteien gemacht, entweder mit Rot-Grün (SPD/Grüne) oder mit der „GroKo“ (CDU/SPD), mit Schwarz-Gelb (CDU/FDP) oder aktuell und besonders brisant mit der „Ampel“ (SPD/Grüne/FDP). Die hier genannten Parteien haben sich u.a. wegen (im weitesten Sinne) unsozialer und außenpolitisch wenig friedensorientierter Politik zu Recht den Unmut vieler Menschen zugezogen – mal aus Frust, mal aus Wut oder auch wegen nachweisbar sinkenden Lebensstandards oder sozialer Benachteiligung.

Die einzige der bundesweit agierenden Parteien, die diesen Zulauf zur AfD inhaltlich bekämpfen und politisch einigermaßen glaubhaft stoppen könnte, wäre die Linkspartei. – Wäre? Ja, denn sie tut es de facto nicht mehr bzw. nicht mehr ausreichend. Ihre oft sehr kurzen oder verklausulierten Botschaften werden schon seit längerem in weiten Teilen der Öffentlichkeit nicht mehr wahrgenommen oder nicht mehr überzeugend dargestellt.

Schon seit einigen Jahren hat Die Linke deshalb massiv an Rückhalt, Sympathie und auch Wahlstimmen verloren. Für Die Linke liegt die stärkste Abwanderung von „Protest-Wähler*innen“, die auf linke sozial- und friedenspolitische Botschaften gesetzt hatten, schon längere Zeit zurück. In den vergangenen vier-fünf Jahren hat sie ihre Ergebnisse vielerorts halbiert…

Dabei hat die Linkspartei doch eine stabile anti-rechte, ja sogar antifaschistische Grundhaltung – oder etwa nicht…? Nun, vieles von dem, was viele Linke-Verantwortliche als Widerstand gegen Rechts nach außen zu signalisieren versuchen, kommt nicht mehr an, denn sie bieten oft nur noch einen ritualisierten und phrasenhaften Antifaschismus (ähnlich wie er der früheren DDR vorgeworfen wird), der innerhalb der Partei ankommt, aber als politische Alternative für weite Teile der Bevölkerung nicht verfängt – schon gar nicht, um eine Abwanderung aus dem demokratischen Spektrum zur AfD zu verhindern und erst recht nicht um verunsicherte und enttäuschende Wähler*innen an die Linkspartei zu binden.

Da war und ist es besonders verheerend, als während der Migrationsdebatte von 2015/16 (und bis heute), zu Zeiten der Coronapandemie und nun auch in Zeiten des Ukraine-Krieges kritische Stimmen durch Linke-Funktionär*innen rigoros und ohne Nuancierung als „Querdenker“, „Rechte“, „Putinisten“ oder gar als „Nazis“ tituliert werden! Diese rhetorische Dampfwalzen-Methode wurde und wird vielen Menschen nicht einmal ansatzweise gerecht – und verstärkt womöglich noch ihre rechte Protestwahl. Zumindest merkten diese Menschen, dass Verständnis und Hilfe aus weiten Teilen der Linkspartei nicht zu holen sind – und wandten sich ab.

Noch verheerender ist es für viele Menschen (und für die Wahlergebnisse der Linken!), dass dieselben Parteifunktionär*innen seit Jahren eine öffentliche Hetz- und Treibjagd auf Sahra Wagenknecht und andere Parteimitglieder veranstalten, deren Ziel es unmissverständlich ist, die Attackierten aus der Partei zu treiben und die eigenen Standpunkte, die bestenfalls innerhalb der Partei mehrheitsfähig sind, absolut zu setzen. Die Linkspartei läuft so Gefahr, zu einer Art Wohnzimmer-Partei zu mutieren, die in der Öffentlichkeit immer weniger als politische Alternative wahrgenommen wird.

Das Ziel der „Bewegungslinken“ (die sich heute euphemistisch „progressive Linke“ nennen), sich in Bewegungen zu verankern und aus den dort Aktiven eine neue Mitgliedschaft aufzubauen, darf ebenfalls als gescheitert angesehen werden. Da sich die „Bewegungslinken“ (teils mit unlauteren Mitteln) in vielen Führungsgremien der Linkspartei (bis in den Bundesvorstand hinein) nun schon seit längerem Mehrheiten verschafft haben, tragen sie auch die Verantwortung für den doppelten Verlust von Wähler*innen.

Zum einen haben sich bereits seit Jahren hunderttausende Menschen aus den Wahlgruppen der Arbeitslosen, Arbeiter und Angestellten von den Linken abgewandt. Zum anderen haben sich Menschen aus politischen Bewegungen nie sonderlich (und schon gar nicht zahlreich) für Die Linke interessiert und aus deren Umfeld weder Wahlstimmen noch ausreichend neue Mitglieder geliefert. „Bewegungslinke“ versuchen bis heute, die Schuld dafür dem „Wagenknecht-Flügel“ in die Schuhe zu schieben und setzen daher das parteischädigende Trommelfeuer immer wieder fort. Dass sie damit die eigene Partei immer weiter Richtung Abgrund treiben, können und wollen sie nicht wahrhaben.

Und so fällt die Linkspartei wegen eines falschen Kurses, für den ein großer Teil der Funktionär*innen in der Partei Verantwortung trägt, wegen falschen und oft unbekannten Personals und einer völlig verfehlten (teils sogar fehlenden) Kommunikation nach außen als mögliche politische Alternative für Niedrigentlohnte, Friedensbewegte und Enttäuschte weitestgehend aus und vermag diese Klientelgruppen nicht mehr an die Partei zu binden.

Linke (innerhalb und außerhalb der Partei) müssen vielmehr mit ansehen, wie die AfD je nach Region derzeit drei-, vier- oder fünfmal stärker bei Wahlen und in Umfragen abschneidet als die Linkspartei. Für Die Linke ist es eine Bankrotterklärung, zu dieser Entwicklung nur überholte Phrasendrescherei eines für viele nicht oder nur schwer nachvollziehbaren Antifaschismus parat zu haben, aber als parlamentarische Kraft gegen den wachsenden Rechtsruck nicht ausreichend gerüstet zu sein!

Der „Auszug der Radiologen“ – Oder: Erneut schlechtere Medizin-Versorgung für Frauen

Das Flensburger Diako-Krankenhaus taumelt von einer Krise in die nächste: Erst dünnt der Weggang von Fachärzten die Gynäkologie-Abteilung aus, dann mauert die Krankenhausleitung gegen die Fortsetzung von Schwangerschaftsabbrüchen im geplanten Zentralklinikum, dann muss die Diako eine „selbstverwaltete Insolvenz“ anmelden – und jetzt kündigen gleich mehrere Radiologen auf einmal, wie das Flensburger Tageblatt gestern (am 03.06.2023) online vermeldete…

Aus der PR-Abteilung der Diako wird etwas schmallippig die Fortsetzung der radiologischen Arbeit betont: „„Das Diako-Krankenhaus ist uneingeschränkt handlungsfähig in der Versorgung von Krebspatienten“, zitiert die Zeitung die Diako-Pressesprecherin, die aber gleichzeitig eventuelle „Engpässe“ in der Mammographie andeutet.

Dass der Diako nun jedoch von der Kassenärztlichen Vereinigung (KVSH) wegen des Weggangs von drei Radiologen die Verantwortung für das Mammographie-Screening, also die Brustkrebs-Vor- und -Nachsorge entzogen wird, ist eine herbe Klatsche für das Krankenhaus. Und eine Zumutung für rund 74.000 Frauen aus dem Norden Schleswig-Holsteins, die sich bisher auf die Screening-Versorgung verlassen konnten. Am 30. Juni ist damit jedoch Schluss.

Das Mammographie-Screening soll nun vom Kieler Privat-Anbieter „Prüner Gang“ durchgeführt werden. Dieses Unternehmen plant neben ihrer Flensburger Praxis im Ärztehaus am ZOB eine weitere Praxis im Obergeschoss des Einkaufszentrums Citti-Park. „Prüner Gang“, so steht zu vermuten, dürfte mit einem attraktiven Angebot die drei Radiologen von der Diako für diese neue Unternehmung abgeworben haben… Bei solchen Konkurrenzaktionen schaut das Krankenhaus dann gediegen in die Röhre.

Und ob die Frauen beim „Prüner Gang“ eine ebenso gute Versorgung erhalten, ist noch nicht einmal sicher, denn das privatwirtschaftliche Unternehmen wird zur Sicherung seiner Einnahmen womöglich anders kalkulieren als das Diako-Krankenhaus. Diese Entwicklung ist ein weiteres Alarmsignal für die Rolle der regionalen Krankenhäuser – und für die Diako allemal. Es steht außerdem zu befürchten, dass sich die Stadt Flensburg und das Land bestenfalls schulterzuckend-hilflos zu diesen Vorgängen verhalten werden. Von einer öffentlichen Sicherstellung medizinischer Angebote wollen die meisten Verantwortlichen dort lieber nichts wissen…

Auf der Facebook-Seite des Flensburger Tageblatts kommentierte ich gestern die Meldung über die Kündigung der Radiologen so:

„Der Auszug der Radiologen“ ist ein weiteres Alarmsignal aus der Diako. Gründe für die Kündigungen gibt es sicherlich mehrere: mangelhafte Arbeitsverhältnisse, Stressbelastung, zu geringe Entlohnung, attraktivere Bedingungen anderswo etc. pp. – Doch in erster Linie muss es um die Versorgung der Frauen (74.000 in der Region!) beim Mammographie-Screening gehen. Sie müssen nach bisheriger guter Versorgung in der Diako in nur wenigen Wochen in private Praxen ausweichen – und ob das klappt, ist keine Selbstverständlichkeit… Eine solche Versorgung gehört daher auch weiterhin in das regionale Krankenhaus. Jedenfalls scheint die Decke der Diako immer dünner zu werden. Und wieder betrifft ein fehlendes Versorgungsangebot Frauen! – Na, das kann ja „heiter“ werden für das neue Zentralkrankenhaus… Falls überhaupt noch etwas daraus wird!

Finger weg von Twitter…! 😂

Ach je, ach Gott, die links-grün-woke Szene tobt gerade und hat einen weiteren Shitstorm ausgelöst. Warum? – Der neue Berliner CDU-Bürgermeister, den man nun wahrlich nicht mögen muss, hat auf dem Twitter-Account der Senatskanzlei Pfingstgrüße an die Berliner Bevölkerung und alle Gäste gesendet: „Unseren christlichen Bürgerinnen und Bürgern wünsche ich gesegnete Pfingsten. Uns allen und unseren Gästen wünsche ich erholsame Tage. Danke allen, die Berlin an den Feiertagen am Laufen halten.“

Davon fühlten sich wohl jene aus der Szene, die keine bekennenden Christen sind, sogleich diskriminiert oder fühlten sich als „Gäste“ abgestempelt. Der frühere Linke-Bundestagsabgeordnete N. Movassat giftete laut Berliner Zeitung sogar: „Danke Kai Wegner, dass ich und alle anderen, die keine Christ*innen sind, als Gäste in deiner Stadt sein dürfen“.

Doch wozu all die Aufregung?! Zu einem christlichen Fest hatte Wegner diejenigen, die sich zum Christentum bekennen, direkt angesprochen – und danach „uns allen“ schöne Feiertage gewünscht. „Uns allen“, das müssen ja dann alle (!) sein, die in Berlin leben. Und die „Gäste“ dürften all jene sein, die in der Stadt für ein verlängertes Wochenende zu Besuch sind oder nur vorübergehend in der Stadt leben…

Vergessen oder übersehen wurde also niemand. Wegner hatte es lediglich „versäumt“, irgendwie auch noch alle anderen Religionen oder auch Ungläubige wörtlich zu erwähnen, damit sie sich direkt angesprochen fühlen. Mit „uns allen“ fühlen sich offenbar noch immer nicht alle aus anderen Kulturräumen, die schon länger in der BRD und in Berlin leben oder sogar dort geboren wurden, berücksichtigt – und genau das dürfte dann auch ihr eigenes Problem sein.

So treibt die links-grün-woke Identitätsaufregung wieder einmal neue und groteske Blüten, sogar von „Rassismus“ wurde getönt. – Nun, vielleicht sollten sich Personen in politischer Verantwortung solche Twitter-Posts einfach sparen, denn für die ganz große, „politisch korrekte“ Erwähnung aller Bevölkerungsgruppen lässt der Twitter-Kurznachrichtendienst mit begrenzter Zeichenanzahl einfach keinen Raum… Dieses Medium ist – neben anderen Nachteilen – für solche Ansprachen wohl völlig ungeeignet!

Übrigens: In Berlin gehören nur rund 20 Prozent der Bevölkerung einer christlichen Glaubensgemeinschaft an. CDU-Mann Wegner hat also eine Minderheit zu einem ihrer religiösen Feste angesprochen (und danach „alle“ 100 Prozent der Bevölkerung). Dass ein CDU-Politiker, dessen Partei den Begriff „christlich“ im Namen trägt, dies tut, ist erwartbar und sollte niemanden verwundern. Wenn besonders Grüne und Linke immer wieder Glückwünsche zum muslimischen Ramadan und anderen nicht-christlichen Festen religiöser Minderheiten posten, werden andere oder gar christliche Konfessionen ebenfalls nicht erwähnt. Einen Shitstorm hat dies bisher noch nicht ausgelöst… Was soll also der ganze Stress???

Hier den Bericht der Berliner Zeitung (vom 29.05.2023) lesen

„Dumm, dümmer…“ – mega-peinlich!

Dem Mitglied des Kreisvorstandes der Flensburger Linkspartei, Nicolas Jähring, fiel vor ein paar Tagen nichts Besseres ein, als einen Tweet des Linke-Bundestagsabgeordneten Klaus Ernst (siehe unten) mit der dümmlichen Bemerkung „Dumm dümmer Klaus Ernst“ zu kommentieren. Klaus Ernst handelte prompt und blockierte Jähring als Follower. Dieser wiederum reagierte bockig und schrieb: „Klaus Ernst wünscht wohl lieber keine Kritik und Meinungsfreiheit nach russischem Vorbild.“ Dieses Verhalten ist schon peinlich genug.

Doch noch peinlicher ist, dass nur wenige Tage davor (am Abend des 14.Mai) auf der vom Flensburger Linke-Kreisvorstand verantworteten Facebook-Seite meine kritische Stellungnahme zu einem Post des Kreisvorstandes über das verheerende Kommunalwahlergebnis (hier nachzulesen: https://herman-u-soldan.net/2023/05/14/die-linke-flensburg-kritik-nicht-erwunscht-kommentar-geloscht/) nach nur wenigen Minuten ohne jegliche Erklärung gelöscht wurde… Hier messen Jähring und die, die ihn für sein niveauloses Auftreten auch noch beklatschen, mit sehr verschiedenem Maß und wünschen „wohl lieber keine Kritik“, um ihr Versagen bei der Wahl und ihre Verantwortung ungestört im eigenen Kämmerlein aussitzen zu können. – Echt peinlich und parteischädigend noch dazu!

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Hier der Tweet von Klaus Ernst: „Eben Durchsage im ICE 575: Kein Bordbistro wegen Personalmangel! Lösung: 1. bessere Löhne 2. vernünftige Arbeitsbedingungen 3. gute Karrieremöglichkeiten und vor allem 4. statt Milliarden für Rüstung und den Krieg in der Ukraine Geld für Investitionen und Personal für Bahn!“

Kommunalwahl in Flensburg: Der dritte Absturz der Linkspartei

Nach den krachenden Wahlniederlagen bei der Bundestags- und der Landtagswahl von 2021/22 verliert der Flensburger Kreisverband der Linkspartei bei der Kommunalwahl wieder 40 Prozent der Wähler*innen – und den Fraktionsstatus in der Ratsversammlung!

Das schlechte Ergebnis der Linkspartei war vorhersehbar, denn neben einem falschen politischen Kurs des Kreisvorstandes, der – wie anderswo – Links-Interessierte und Menschen aus den Wahlgruppen der Arbeiter und Angestellten von der Linkspartei abwandern lässt, wurden auch eine Reihe „handwerklicher“ (Wahlkampf-)Fehler gemacht, die die Partei von 7,5 auf nur noch klägliche 4,1 Prozent abstürzen ließen. Nicht viel Neues also im Vergleich zu den Wahldebakeln der beiden vorangegangenen Jahre.

Dass eine „starke Linke“ im Flensburger Rat gebraucht würde und dass die Wahlkämpfenden „ein tolles Team“ seien, war wohl eher an die Linke-Mitglieder selbst adressiert als an die Flensburger Bevölkerung, die sich am bei der Kommunalwahl erneut von der Partei abwandte und gar nicht wählte oder den erfolgreichen Grünen oder Wählergemeinschaften die Stimme gab. Nur noch 1.100 Menschen setzten ihr Kreuz bei der Linkspartei.

Kreisverband ohne kommunalpolitisches Profil – und ohne Aktionsfähigkeit

Was der Kreisvorstand der Linken noch am Wahlabend als „schwieriges Fahrwasser“ für die Partei bezeichnete ist jedoch zu großen Teilen selbstgemacht. – Besonders wahlentscheidend war wohl, dass der Kreisverband über mehr als drei Jahre kein kommunalpolitisches Profil entwickelt und in dieser Zeit nur punktuell auf ein paar wenige Flensburger Ereignisse reagiert hatte. Vielmehr hatte der Kreisvorstand nebst einigen Aktiven die Ignoranz gegenüber der Flensburger Ratsfraktion, die nicht auf ihrer Linie lag, konsequent durchgezogen.

Während die Ratsfraktion über die Jahre für eine 50-Prozentquote für Sozialwohnungen bei Neubauten, für einen bezahlbaren Nahverkehr, für mehr Frauenhausplätze, für eine gerechte Kulturförderung oder für die Fortführung von Schwangerschaftsabbrüchen im geplanten neuen Krankenhaus und damit für das Selbstbestimmungsrecht der Frauen kämpfte (um nur mal einige der Schwerpunkte zu nennen) und damit auch recht häufig in der Tagespresse beachtet wurde, blieb der Kreisverband in seinen „sozialen“ Medien dazu weitestgehend stumm und teilte der Flensburger Bevölkerung dazu so gut wie nichts mit. Ein paar hektische Aktivitäten vor der Wahl konnten die vielen selbstgemachten Leerstellen nicht mehr glaubhaft ausfüllen…

Auch in der aktuellen Krise im Gefolge des Ukraine-Krieges gab es vom Kreisverband weder eigene Straßenaktionen, Saalveranstaltungen noch über floskelhafte Äußerungen hinausgehende Statements. Der auf Bundes- und auch auf Kreisebene noch im August 2022 proklamierte „heiße Herbst“ für soziale Gerechtigkeit fiel in Flensburg ebenso aus wie im ganzen Land oder auf Bundesebene. Und wenn mal von „Preissteigerungen“ und „Inflation“ gesprochen wurde, fand die eigentliche Ursache – nämlich die falsche Sanktionspolitik von Bundesregierung und EU – dabei keine Erwähnung. Doch die Menschen, die dadurch in eine noch größere finanzielle Klemme geraten waren, sehen die Zusammenhänge klarer als der Flensburger Linke-Vorstand oder der Landes- bzw. Bundesvorstand der Linkspartei.

Keine friedenspolitischen Aktionen – dafür wiederholte Attacken auf Sahra Wagenknecht

Die gleiche Passivität zeigte sich im zweiten, eigentlich linken Kernthema – in der Friedenspolitik. Seitens der Flensburger Linkspartei gab es dazu – wie auch im Land und im Bund – keine eigene Aktion oder Kundgebung. Vielmehr stürzten sich Mitglieder des Kreisvorstandes, die jetzt auch zur Kommunalwahl antraten, in den „sozialen“ Medien schon seit längerem mit Geheul auf Sahra Wagenknecht und am Jahresanfang auch auf die erfolgreiche Wagenknecht/Schwarzer-Friedensinitiative und verunglimpften damit nicht nur die Politikerin, sondern auch Teile der Mitgliedschaft – und verschreckten damit nicht zuletzt auch Wählerinnen und Wähler.

In ihren Posts (hier nur eine kleine Auswahl) stand u.a. öffentlich zu lesen: „Wir als @linke_sh haben uns schon positioniert: Schmeißt Sie [SIC!] und ihre Gefolgschaft endlich raus!“, „Die einzige, die ihren politischen Kompass verloren hat, ist @SWagenknecht selbst. (…) Ausschluss wann?“ oder „SW muss raus aus der Partei“… Einige Mitglieder und auch Teile der Öffentlichkeit sind über so etwas „not amused“ und wenden sich auch deshalb von der Linkspartei ab.

Inszenierte neue Kreisspitze sorgt seit drei Jahren für Erfolglosigkeit

Beifall für diesen falschen Kurs erhalten diese Verfasser*innen lediglich im innerparteilichen Milieu – und nicht zuletzt beim jahrelangen Stichwortgeber Lorenz Gösta Beutin, der den Anti-Wagenknecht-Kurs seit Jahren aktiv befeuert und in seiner früheren Zeit als Landesvorsitzender 2019 alle Hebel in Bewegung gesetzt hatte, um den früheren, bei Öffentlichkeitsarbeit und Wahlergebnissen erfolgreich agierenden Kreisvorstand durch einen neuen, seiner „Linie“ wohlgesonnenen zu ersetzen.

Vor Ort in Flensburg übernahmen sein neu angeworbene Büromitarbeiter Jähring und eine Handvoll Altgenoss*innen dafür die Regie, um mit einem Dutzend neuer Mitglieder die Mehrheitsverhältnisse in ihrem Sinne zu verändern und kurz darauf das Neu-Mitglied Grimminger im neuen Kreisvorstand zu platzieren… Seitdem dünnte in Flensburg die Öffentlichkeitsarbeit aus und drei wichtige Wahlen gingen mit hohen Verlusten verloren.

Konfrontation als Machtpolitik der Wahlverlierer

Der beutin‘sche Kurs der „Bewegungslinken“, später auch „solidarische Linke“ und „progressive Linke“ genannt, wurde bereits 2015 vom damaligen Bundesführungs-Duo Kipping/Riexinger und ihren Vertrauten (Beutin gehörte schon früh dazu) gegen den „Wagenknecht-Flügel“ und andere Strömungen in Gang gesetzt und seitdem immer weiter vorangetrieben. Sahra Wagenknecht und andere Linke wurden und werden systematisch ausgegrenzt und attackiert, während gleichzeitig von einer „modernen“ Partei und von „Pluralität“ fabuliert wird. Der derzeitige Flensburger Kreisverband sprang schon kurz nach seinem Amtsantritt auf diesen Kurs auf…

Ergebnis dieses angeblich „progressiven“ Kurses ist allerdings ein seit 2018 zunehmend schwindendes Interesse der Öffentlichkeit an der Linkspartei, deren teils floskelhafte, teils akademische Sprache sie nicht mehr versteht bzw. als das versteht, was sie ist: theoretische Phrasen, die ihre Wirkung bestenfalls nur noch in Parteizirkeln entfalten. Für ihre früher starken Kernthemen der sozialen Gerechtigkeit und einer konsequenten Friedenspolitik, die nun viele Menschen nicht mehr erreichen, hat sich dies als kontraproduktiv herausgestellt. Viele schlechte Wahlergebnisse der vergangenen Jahre belegen dies deutlich – auch in Flensburg.

Dies hinderte eine Mehrheit des Landesparteitages im Herbst 2022 nicht daran, eine Forderung zu beschließen, die Sahra Wagenknecht im Bundestag das Rederecht verweigert und sie aus der Fraktion ausschließen soll. Flensburger Delegierte und der neu gewählte Landessprecher Grimminger waren bei dieser Machtdemonstration ganz vorne mit dabei. – Nicht nur in Teilen der Mitgliedschaft hat dieser aggressive Konfrontationskurs großes Befremden ausgelöst.

Vor Ort: Ein „sparsamer“ Wahlkampf, der wenig Wirkung zeigte

Im eigentlichen Wahlkampf blieb vieles für die Öffentlichkeit nur schwer nachvollziehbar. So gab es keine Wahlplakate, die direkt auf die Flensburger Kommunalpolitik zielten. Stattdessen wurden landesweit dieselben Plakate aufgehängt – mit dem eher kindlich anmutenden Grafikdesign und dem gleichen, recht unkonkreten Slogan („Das gute Leben für alle“) wie bei der Landtagswahl. Doch schon damals hatte diese Kampagne nicht gezogen und im Landesergebnis wie auch in den Kreisen die Wahlergebnisse glatt halbiert.

Diesmal hatte der Flensburger Kreisverband allerdings versucht, mit Partei-Prominenz aus der Bundespartei mehr Aufmerksamkeit zu erhalten. Doch für die Öffentlichkeit wurden diese Besuche nur sparsam vor- und noch sparsamer nachbereitet. Die wenigen veröffentlichten Fotos zeigen eine nur geringe Beteiligung – und von den Besuchen des Bundesvorsitzenden Schirdewan und der Mietenexpertin der Bundestagsfraktion Caren Lay wurde nicht ein einziger zitierfähiger Satz (und damit auch kein konkreter Inhalt!) überliefert. Damit verpufften diese Aktionen für die Öffentlichkeit nahezu ungehört…

„Sparsam“ – oder eigentlich nahezu nicht existent – war auch die Einbindung der gesamten Mitgliedschaft in den Wahlkampf, der offenbar wenig transparent auf anderen Kanälen organisiert wurde als bei Mitgliederversammlungen und E-Mail- oder Briefinformationen über Wahlkampfaktionen für alle Mitglieder… Die letzte Mitgliederversammlung des Kreisverbandes fand am 26.02. statt, doch selbst dort stand das Thema Wahlkampforganisation nicht auf der an die Mitglieder versendeten Tagesordnung.

Trotz der dritten Niederlage droht ein uneinsichtiges „Weiter so“

Und so befindet sich Die Linke eben nicht in „schwierigem Fahrwasser“, wie der Flensburger Kreisvorstand die dritte krachende Niederlage am Wahlabend in den „sozialen“ Medien ausweichend zu verkaufen versuchte. Die meisten Ursachen für das schlechte Abschneiden sind hausgemacht – in Flensburg ebenso wie im ganzen Bundesland. Und am Tag nach dem Wahldesaster ergingen sich die Verantwortlichen dann lieber in Lobeshymnen für das Bremer Wahlergebnis vom gleichen Sonntag, wo die Linkspartei ihr Ergebnis halten konnte…

Wie das Pfeifen im dunklen Wald mutete eine auch Medien-Aktion mehrerer „progessiver“ Landesvorsitzender (auch aus Schleswig-Holstein) sowie des Vize-Parteichefs Beutin an, in der es ebenfalls am Montag nach den Wahlen unter dem Schlagwort „Los geht‘s“ u.a. heißt: „Wir arbeiten im Hier und Jetzt daran, konkrete Politik für Arbeiter:innen, Arbeitslose, Alleinerziehende, Auszubildende, Ausgegrenzte usw. bis zum streikenden Zugpersonal zu machen. Wir nehmen die Sabotage und die Demontage der LINKEN nicht länger hin!“

Nun, mal abgesehen davon, dass auch in Bremen die Wahlgruppen der Arbeiter, Arbeitslosen und Angestellten immer weniger die Linkspartei wählten: Hier sollen – wie auch nach den vorangegangenen Wahldebakeln – die inneren Reihen geschlossen werden. Deswegen fehlt auch in diesem Aufruf nicht die Attacke der Pseudo-Progessiven „im Hier und Jetzt“ gegen die „Linkskonservativen“ – gemeint ist der Wagenknecht-Flügel, der nun schon zum x-ten Mal als Sündenbock für die zahlreichen Fehlentscheidungen und Wahlniederlagen und nahezu verschwörungstheoretisch für „Sabotage und Demontage“ (da fehlt eigentlich nur noch der staatssozialistische Begriff der „Wühltätigkeit“) herhalten soll. Selbstkritische Einsicht oder gar den Appell zum programmatischen Umsteuern sucht man in solchen Erklärungen vergebens… Und so bleibt es wohl vorerst beim trotzigen „Weiter so“ – das sind keine guten Aussichten!

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Schon vor längerer Zeit schrieb ich:

Linke-Absturz: Auch vor Ort größtenteils hausgemacht (nach der Bundestagswahl, 29.09.2021)

• Linkspartei: Selbst veursachtes Chaos führt zur Implosion! (zum falschen „bewegungslinken“ Kurs der Linkspartei, 10.10.2022)

Die Linke Flensburg: Kritik nicht erwünscht – Kommentar gelöscht!

In einem Facebook-Post schreibt der Kreisverband der Flensburger Linkspartei heute Abend zu den herben Verlusten bei der Kommunalwahl: „Das Fahrwasser in der sich DIE LINKE befindet ist schwierig. Aber wir werden weiter arbeiten, für eine moderne und progressive Linke (…)“ – Dazu habe ich (als Linke-Mitglied) einen kritischen Kommentar geschrieben, der aber von den Verantwortlichen des Kreisverbandes nach nur wenigen Minuten ohne Erklärung gelöscht – oder besser: zensiert wurde. – Hier mein Kommentar in vollem Wortlaut:

Was der Kreisverband in diesem Post mit „schwierigem Fahrwasser“ zu umschreiben versucht, ist hausgemacht. Denn…

1. Der Kreisverband hat über lange Zeit kein kommunalpolitisches Profil entwickelt und hat stattdessen die Arbeit der bisherigen Ratsfraktion ignoriert (und anfangs auch noch zu torpedieren versucht).

2. Das heutige Wahldebakel liegt auf Linie mit den hohen Verlusten bei der Bundestags- und der Landtagswahl und hat bei den Verlusten ähnlich große Ausmaße. Die dritte krachende Niederlage innerhalb von gut 1½ Jahren sollte genügend Stoff zum Nachdenken und zum Umsteuern geben.

3. Was auch immer eine „moderne“ Linke sein mag, beim Begriff „progressive Linke“ wissen Insider hingegen, dass das genau der glücklose und auch falsche Kurs des jetzigen Kreisvorstandes, aber auch des Landesvorstandes und weiten Teilen des Bundesvorstandes ist. Zunächst nannten sich die dortigen Protagonisten (mit dem Genossen Beutin immer vorne dabei) „Bewegungslinke“, dann „solidarische Linke“ und nun „progressive Linke“. Durch ihr Tun bzw. Nicht-Tun ist Die Linke auf nahezu allen Ebenen abgestürzt und viele Wählerinnen und Wähler haben sich von der Partei abgewandt.

4. Wenn eine Partei in der seit 2022 andauernden Krise auf allen Ebenen bei den linken Kernthemen soziale Sicherheit und Frieden nicht mit eigenen Aktionen aktiv wird, die eigentlichen Ursachen für die Krise nicht benennt und auch keine Aktionsfähigkeit beweist, dann gehen interessierte Menschen und Wahlen verloren. Für viele Menschen hat die Linkspartei nicht mehr den Mumm zu erklären, dass die eigentliche Ursache für die Wirtschaftskrise nicht die Inflation ist, sondern falsche Sanktionen, die vielen Menschen schwer zu schaffen machen. In Bezug auf die Friedenspolitik eiert ein großer Teil der Partei ebenfalls für viele Menschen unglaubwürdig herum.

Und 5. Wenn der Flensburger Kreisvorstand und der Landesparteitag nichts Besseres zu tun haben, als den Ausschluss Sahra Wagenknechts aus der Bundestagsfraktion voranzutreiben, dann wird klar, dass sie einen völlig falschen und konfliktverschärfenden Kurs fahren. Genau das vertreibt interessierte Menschen noch mehr.

Das heutige Wahlergebnis ist für mich als ehem. aktives Mitglied im Kreisverband und bisheriges Mitglied der Ratsfraktion bitter, aber es kam leider nicht überraschend…

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Noch gestern Abend hatte ich eine erste kurze Einordnung zu den Kommunalwahlergebnissen geschrieben:

Kommunalwahl in Flensburg: Linkspartei verliert stark und büßt den Fraktionsstatus in der Ratsversammlung ein

Die generelle schlechte Nachricht vorweg: Die Flensburger Parteien haben es nicht vermocht, die Wahlbeteiligung zu verbessern – mit 35,8% liegt sie etwa genau so niedrig wie 2018…

Der Flensburger Wahlsieger scheint der SSW zu werden: Er legte um 7,2% zu und erreichte 24,8%. Eine herbe Klatsche hat die SPD zu verzeichnen; sie verliert ein Drittel ihrer Stimmen, konnte keinen einzigen Wahlkreis gewinnen und fällt um 4,7% auf ein schwaches Ergebnis von 13,5%. Die Grünen hingegen gewinnen 4,8% hinzu und erreichen mit 23,6% den 2. Platz.

Herbe sind die Verluste für Die Linke. Einer Hochrechnung für ganz Schleswig-Holstein zufolge verliert sie fast die Hälfte ihrer Prozente und fällt von 3,8% auf 2,1%. – Auch in Flensburg verliert die Linkspartei mehr als 40% ihrer Prozente (ähnlich wie bei der Bundestags- und der Landtagswahl 2021 und 2022) und nahezu die Hälfte ihrer Wahlstimmen von 2018: Sie erreicht nur noch 4,1% (2018: 7,5%). Eine Fraktionsbildung ist damit für sie aus eigener Kraft nicht mehr möglich. – Die starken Verluste verwundern nicht, denn der Kreisverband hat sich in den Jahren ab 2019/20 nicht mit kommunalpolitischen Themen profiliert – und durch den im September 2019 ins Amt gekommenen Kreisvorstand sogar die Arbeit der aktiven Ratsfraktion ignoriert. Auch in der seit Anfang 2022 verschärften Krise hat der Flensburger Kreisverband keine eigenen Öffentlichkeitsaktionen für die beiden linken Kernthemen soziale Sicherheit und Frieden organisiert und sich damit für die Öffentlichkeit entschieden zu defensiv verhalten.

Der seit langem vergessene Schwur…

Heute ist der 78. Jahrestag der Befreiung vom Terrorkrieg und rassistischen Völkermord des Hitlerfaschismus. Damals (1945 und danach) hieß es „Nie wieder Krieg“, aber alle Akteure haben spätestens im Jugoslawien der 1990er Jahre und rund um die Ukraine nach 2004 diesen Schwur vergessen!

Imperiales Machtstreben, Gewalt und Kriegslogik beherrschen immer noch viele Regionen innerhalb und außerhalb Europas – und vernichten die Sehnsucht der allermeisten Menschen nach Frieden und einem gesicherten Leben. Diplomatie und Koexistenz sind heute wichtiger denn je, um Aggression, Not und Konfrontation zu stoppen!

Flensburger SSW löscht kritischen Kommentar…

Als der Flensburger SSW heute auf Facebook in einem Wahlkampf-Post zur Kommunalwahl am 14. Mai schrieb „(…) wir brauchen mehr sozialen Wohnungsbau damit günstige Wohnungen verfügbar werden“, verfasste ich dazu einen kritischen Kommentar (s. unten); er wurde nach einer guten Stunde ohne jegliche Begründung gelöscht. Wie peinlich!!!

Hier daher mein Kommentar in voller Länge:

Dass in Flensburg 4-5.000 bezahlbare Wohnungen fehlen, ist seit Jahren ein Fakt (wahrscheinlich liegt die Zahl jetzt wg. sinkender Realeinkommen und steigender Neumieten sogar höher) – und die Ratsmehrheit der „großen“ Fraktionen (SSW inklusive) hat denkbar wenig dafür getan, dieses Problem zu lösen. 2020 hätte der SSW den Antrag der Linksfraktion auf eine 50%-Quote für sozial geförderte Wohnungen bei Neubauten in den Leitlinien für die Steuerung des Wohnungsbaus unterstützen können – hat er aber nicht! Auch bei der Feststellung des Begriffs der Bezahlbarkeit, der auf Anfrage der Linksfraktion seitens der Verwaltung 2021 mit 7,50 € Kaltmiete pro qm angegeben wurde, hat der SSW betreten beiseite geschaut – und bei Neubauvorhaben (wie andere Fraktionen) stets das Klagelied von den Investoren, die „so billig“ nicht bauen könnten, angestimmt. Daher sind bis heute nicht genügend bezahlbare Wohnungen entstanden. Und das will der SSW jetzt plötzlich (kurz vor der Wahl!) durch neue Bekenntnisse ändern???

Lese-Tipps: Irrungen und Wirrungen des Ukraine-Krieges

(1) Jacobin-Magazin (Berlin, 24.04.2023): Augen zu und rein: Deutschland im Krieg

Der Ukraine-Krieg hat eine Reihe von rhetorischen Erklär-Schablonen, so genannte „Narrative“, hervorgebracht oder verstärkt, die auch seitens des links-grünen Lagers nahezu unbegrenzte Waffenexporte rechtfertigen sollen, die diplomatische Friedensbemühungen oder Waffenstillstandsforderungen in radikale „Putin-Nähe“ zu setzen versuchen – und die die ungehemmte Eskalation bis hin zum Einsatz atomarer Waffen (auf beiden Seiten!) ausblenden. Bisweilen sorgt der öffentliche Mainstream auch dafür, ob und wie man für Kritik an der vom moralischem Rigorismus und transatlantischer Ergebenheit getragenen Regierungslinie verbal abgestraft wird. – In diesem sehr langen und lesenswerten Artikel von Wolfgang Streeck werden einige dieser Konfrontationsstrategien und die neuen „Meinungskorridore“, die von den Grünen perfektioniert und auch von einigen Parteilinken beschritten werden, kritisch dargestellt. Streeck nimmt dabei auch die westliche Absicht zur Neuordnung des globalen Staatensystems in den Blick und schreibt u.a.: „Im Deutschland von heute ist jeder Versuch verdächtig, den Ukraine-Krieg in den Kontext der Neuordnung des globalen Staatensystems nach dem Ende der Sowjetunion und des damit verbundenen, gescheiterten amerikanischen Projekts einer »New World Order« (George H. W. Bush) einzuordnen – eine Perspektive, die außerhalb Deutschlands, da, wo, um es salopp auszudrücken, die Musik spielt, nichts anderes ist als selbstverständlich. Wer sie hierzulande vertritt, läuft Gefahr, als »Putinversteher« gebrandmarkt zu werden.“

(2) junge Welt (Berlin, 24.04.2023): Von wegen »Querelen«. Die Zerstrittenheit der Linkspartei hat einen konkreten Grund: das Überlaufen von Teilen der Mitglieder ins Lager der Kriegstreiber

Die Konflikte in der Linkspartei haben sich besonders durch jene noch weiter verschärft, die friedenspolitische Grundsätze der Partei (Verbot von Waffenexporten, grundsätzliche Nato-Kritik) aufweichen wollen, meint Stephan Jegielka, Mitglied der Kommunistischen Plattform (KPF). Nicht die Zahl der verschiedenen Strömungen in der Linkspartei sei das Problem, sondern wie der sog. „progressive“ bzw. „bewegungslinke“ Flügel die Aufgabe politischer Positionen propagiert. Es gehe also um weit mehr als um „Querelen“. In Jegielkas hier dokumentierten Rede sagt er u.a. : „Eine Forderung nach Waffenlieferungen seitens der stellvertretenden Parteivorsitzenden Katina Schubert oder ebenso von Ministerpräsident Bodo Ramelow, für den zudem die »NATO-Frage« »geklärt« ist, oder auch eine Reise der Bundestagsabgeordneten Caren Lay nach Taiwan spalten die Partei mehr als die Existenz aller Zusammenschlüsse.“

Nach dem Verkauf des Krankenhausgeländes sieht die Stadt Flensburg blass aus

Nun ist es so gekommen, wie es „kommen musste“: Die große Mehrheit der Ratsfraktionen (aus SPD, CDU, SSW, FDP und WiF) hatte 2022 mit ihrer Zustimmung zum Verkauf des Peelwatt-Geländes wider besseren Wissens auf die Klärung zweier offener und für die Stadt wichtiger Fragen verzichtet – und so konnte der Verkauf gestern besiegelt werden, wie die Flensburger Tagespresse heute berichtet. Um diese Punkte geht es:

1. Die Frage der Altgrundstücke von Diako- und Franziskus-Krankenhaus ist völlig ungeklärt. Ein Vorkaufsrecht gibt es für die Stadt nicht – und damit auch keine Planungssicherheit für die Verwendung der beiden Areale. Das ist ein fahrlässiges Versäumnis, das die Stadt teuer zu stehen kommen könnte, falls sie überhaupt mitbieten kann, und die Aussicht auf viele dringend benötigte, bezahlbare Wohnungen zunichte machen könnte.

2. Die Malteser blockieren weiterhin Schwangerschaftsabbrüche im neuen Klinikum (so steht es auch im Artikel). Die Stadt hat nun alle Mittel aus der Hand gegeben, dies noch zu ändern (und sei es durch eine Trägerschaft ohne Malteser) – und das obwohl die Bedeutung klinischer Abbrüche wegen der schlechten Versorgungslage in ambulanten Praxen unbestritten ist und von vielen Frauen auch gewünscht wird. Für betroffene Frauen in der Region wird nach 2030 die Situation noch schwieriger, weil klinische Abbrüche dann nur noch mit aufwändigen Fahrten in andere Kliniken möglich sind. Das ist ein heftiger Affront gegen das Selbstbestimmungsrecht von Frauen und gegen eine moderne medizinische Versorgung.

Der heutige Tag des Grundstücksverkaufs ist also wahrlich kein Tag zum Jubeln und auch kein „großartiger Tag“, wie sich Oberbürgermeister Geyer in der Presse zitieren lässt, denn es gibt in dieser für die Stadt nicht vorteilhaften Situation (Zitat Flensburger Tageblatt) „kaum mehr ein Zurück“!

Und nochmal zur ungeklärten Situation der Altgrundstücke der beiden Krankenhäuser, auf die die Stadt Flensburg nun schwer Zugriff erlangen dürfte: Ebenfalls heute erscheint in den Schleswiger Nachrichten ein Artikel, der zeigt, was passiert, wenn man ein citynahes Grundstück dem „freien Markt“ überlässt. – Auf dem Gelände des früheren Martin-Luther-Krankenhauses in Schleswig entstehen derzeit 14 Reihenhäuser zum stolzen Preis von rund 500.000 Euro sowie 39 Eigentumswohnungen (63-100 qm) für ebenso stolze 300.000 bis 465.000 Euro.

Ach ja, 134 Mietwohnungen entstehen auch noch – davon aber nur 10 Prozent mit sozialer Förderung. In Flensburg müssten es laut aktuellen Leitlinien 30 Prozent sein, aber das wären auch nicht mehr als rund 40 Sozialwohnungen – ein Witz, verglichen mit der steigenden hohen Nachfrage nach bezahlbaren Wohnungen bei verbreitet sinkenden Realeinkommen!

So geht‘s, wenn man der privaten Immobilienwirtschaft attraktive Grundstücke überlässt. Die allermeisten Menschen in Schleswig oder Flensburg schauen dann in die Röhre und können sich Wohnungen in solchen neuen Quartieren nicht leisten. Das können nur (oft auswärtige) Begüterte und Spekulanten…

Ein Blick nach Schleswig hätte der Flensburger Stadtverwaltung gut getan, um zu erkennen, dass es notwendig gewesen wäre, die Frage des Vorkaufsrechts für die beiden jetzigen Krankenhausareale zugunsten der Stadt frühzeitig zu klären!